WirtschaftsWoche: Sie sind für die Reisemesse ITB dieses Jahr zum ersten Mal nach Shanghai gekommen. Geht für TUI nun die Sonne im Osten auf?
Fritz Joussen: Ja, ich denke schon. Wir haben mit unserer Strategie für neue Märkte das Ziel „TUI 2022“ abgesteckt. Wir wollen unseren Umsatz auf eine Milliarde Euro steigern und eine Million neue Kunden pro Jahr dazu gewinnen. Schaffen wollen wir das in Märkten, die heute für uns als Reiseanbieter wenn überhaupt nur als Zielland eine Rolle spielen. China steht als größter Reisemarkt der Welt besonders im Fokus.
Chinas Reisebranche wird von Giganten wie ctrip aus Shanghai und Alibabas Fliggy dominiert, die jeweils über 200 Millionen Kunden haben. Kommen Sie mit Ihrer Charmeoffensive nicht Jahre zu spät?
Definitiv nicht. Wir sind seit 25 Jahren in China aktiv. Dabei haben wir bis heute vor allem Kunden nach China gebracht. Der chinesische Tourismusmarkt für Auslandreisen war dagegen für ausländische Unternehmen praktisch verschlossen. Über unser Joint Venture mit der staatlichen CTS, das wir 2003 gegründet haben, sind wir heute zwar eines von nur 3 nicht-chinesischen Unternehmen mit einer erforderlichen Lizenz, wirklich lukrativ war das aber bis jetzt nicht. Das ändert sich gerade. Derzeit sind zum Beispiel Flusskreuzfahrten auf dem Rhein oder der Donau sehr beliebt. Die chinesischen Urlauber sehen jeden Tag eine neue Stadt, reisen aber meist als Gruppe, haben auf dem Schiff ein vertrautes Umfeld. Betreuung und Sprache sind ganz entscheidend, auch das chinesische Essen. Ein Schiff, 190 Gäste, alles auf Chinesisch. Und wir organisieren die Visa, Flüge und die Unterkunft.
Der chinesische Tourismusmarkt ist hart umkämpft. Wie wollen Sie sich gegen die chinesische Konkurrenz durchsetzen?
Wir wollen erfolgreich sein, das geht am besten mit Partnern. Die Konkurrenz in China ist groß, aber der Markt auch. In den kommenden fünf Jahren werden 700 Millionen Chinesen ins Ausland reisen. Unser Vorteil: Wir sind kein reines Vermittlerunternehmen. Wir besitzen das Produkt, haben eigene Hotelgesellschaften und Kreuzfahrtschiffe, die auch für unsere asiatischen Kunden attraktiv sind. Südostasien ist die nächste Karibik. Wir bauen unsere Anlagen für die europäischen Kunden, aber auch Kunden aus Asien kommen für ihren Urlaub dorthin.
So ist es bereits in der Karibik, wo wir unsere Anlagen für die europäischen Kunden gebaut haben und diese dann auch von amerikanischen Urlaubern besucht werden. Auch auf den Malediven hat unser Robinson Club bereits viele Japaner, Chinesen und Koreaner als Gäste. Wir können unser Hotelwachstum beschleunigen, weil wir eine hohe Auslastung aus Europa und aus dem jeweiligen Markt absichern.
Viele Unternehmen vor Ihnen sind am chinesischen Kunden gescheitert, weil sie die chinesischen Kunden nicht verstanden haben. Woher wissen Sie, was die chinesischen Kunden wollen?
Bisher haben viele Chinesen überwiegend Städtetrips gemacht, 10 Länder in 9 Tagen bereist. Etwas zugespitzt, sie sind aus dem Bus gestiegen, haben Fotos gemacht und oft auch kräftig eingekauft. Das ist nicht unser Kerngeschäft. Bei uns hat der Urlaub mit Erholung, Kultur und Natur zu tun. Unsere Hotels sind eher Resorts an den Stränden oder in den Bergen und nicht in den Städten. Jetzt verändert sich aber das Interesse bei den chinesischen Kunden. Wir sehen die zweite Trendwelle kommen, oft ist es auch die „zweite Generation“ Reisender. Junge Familien sind viel internationaler, haben vielleicht im Ausland studiert, und wollen deshalb auch in einem internationalen Umfeld Urlaub machen. In China nennen sie das Urlaub „western style“. Diese junge, aufsteigende und zahlungskräftige Zielgruppe ist für uns interessant.