Während man in Parchim noch skeptisch auf weitere Details wartet, ist das Kopfschütteln über die Offerte aus China bereits deutlicher. „Wir müssen ja alles prüfen, auch so etwas Skurriles“, sagt eine mit dem Bieterprozess vertraute Person im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online. Unklar ist nicht nur, wofür genau LinkGlobal eigentlich bieten will - und wie viel die Chinesen zu zahlen bereit sind.
Das ist Air Berlin
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin ist mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweigrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm.
Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise. Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im Jahr 2016 betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft.
Im August 2017 zieht Etihad die Reißleine: Der Hauptaktionär erklärt, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Air Berlin stellt daraufhin beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Zum einen darf Link-Global als nicht-europäisches Unternehmen Air Berlin gar nicht komplett übernehmen. Denn laut Luftfahrtrecht verliert eine Fluglinie alle ihre Start- und Landerechte, wenn sie nicht zu mehr als 50 Prozent im Besitz von Investoren aus der EU ist. Das hat schon eine komplette Übernahme des bisherigen Air-Berlin- Hauptaktionärs Etihad verhindert.
Zum anderen wirft die Kombination von insolventer Airline und brachliegendem Flugplatz wirft Fragen zur Zukunftsfähigkeit auf. „Es ist nicht absehbar, wie Air Berlin auf der Provinzpiste Parchim je auf einen grünen Zweig kommen kann“, urteilt der Insider.
Eine Übernahme von großen Air-Berlin-Teilen scheint kaum umsetzbar. Um zu überleben, braucht eine Fluglinie schließlich möglichst viele Passagiere und vor allem Geschäftsreisende, die an ihrem Hauptflughafen ein- und aussteigen, statt nur das Flugzeug zu wechseln. Denn im Vergleich zu Umsteigern zahlen diese Kunden bis zu einem Drittel mehr für ein Ticket. Doch der strukturschwache Norden hat weder genug Firmenreisen noch zieht er genug Touristen an.
Dazu müsste der abgelegene Airport für einen Flugbetrieb in Größenordnung von Air Berlin mit mehr als 20 Millionen Kunden kräftig erweitert werden. Das dauert jedoch selbst im bei Ausbaufragen unbürokratischen China mehrere Jahre. Und in Deutschland garantiert ein Mehrfaches. Und diese Zeit kann Air Berlin nicht überleben.
Alle wollen Air Berlin
Ohnehin läuft die Zeit für die Fluglinie ab. Air Berlin kann nur hoffen, dass das Bieterrennen zum einem schnellen, guten Ende kommt – doch noch ist der Ausgang offen. In den vergangenen Wochen hatten immer wieder Unternehmer mit Offerten und Absichtserklärungen für die insolvente Air Berlin für Schlagzeilen gesorgt – darunter etwa Utz Claassen und Hans Rudolf Wöhrl. Als Favorit gilt bislang die Lufthansa. Sie soll, so zumindest der vielfach geäußerte Wunsch von Seiten hochrangiger Politiker, einen großen Teil Air Berlin übernehmen, um einen „Champion der Deutschen Luftfahrt“ entstehen zu lassen. Aus Sorge vor einem Monopol sollen andere Teile an weitere Käufer fallen. Noch bis Freitag können sich aber Interessenten einbringen. Dann endet um 14 Uhr die Bieterfrist.