Luftfahrt-Branche „Jetzt ist die Party vorbei“

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Genesung und Unruhe

4. Die Genesung der Kranken

Die Erfolge der großen Linien aus Europa und Asien in diesem Jahr liegen auch in der der Schwäche ihrer Angstgegner von Golf und Bosporus begründet. Der niedrige Ölpreises und politische Probleme in ihren Heimatländern haben sowohl Emirates, Etihad und Qatar als auch Turkish Airlines in den vergangenen anderthalb Jahren das Geschäft verdorben. Das zwang die Linien zu größeren Umbauten und Anpassungen gerade bei ihrem Umsteigeverkehr über ihre Drehkreuze.

Diese Zeit ist vorbei. Die Gobos genannten Linien von Golf und Bosporus sind gesund. Emirates und Turkish, die einzigen Linien mit einer aussagekräftigen Bilanz, melden bereits wieder bessere Zahlen und höheres Wachstum. Das bringt sie in Angriffslaune. Beide sind nun wieder aktiver in Deutschland und investieren kräftig in besseren Service.

Das wird die Traditionslinien zwar nicht in echte Probleme stürzen, aber doch das Gleichgewicht wieder zu ihren Ungunsten verschieben. Die Folge werden geringere Gewinne auf der Langstrecke sein.

5. Mehr Unruhe bei den Herstellern

Verantwortlich für den Boom bei den Airlines waren auch die guten Konditionen der Flugzeughersteller. Airbus und Boeing überboten sich förmlich mit günstigen Angeboten, um den anderen – und auch die kleineren Wettbewerber wie Embraer aus Brasilien und Bombardier aus Kanada – auszustechen.

Das Spiel dürfte künftig etwas anders laufen. Zum einen nimmt die Konkurrenz unter den großen vier ab. Airbus hat sich bereits Bombardiers Erfolgsmodell C-Serie gesichert. Im Gegenzug will nun Boeing mit dem Kauf von Embraer nachziehen.

Dazu haben die großen zwei neben der Integration der Zukäufe auch eine Menge eigener Probleme. Beide müssen nun erstmal den aktuellen Auftragsberg abbauen und dafür die Produktion auf ein neues Rekordniveau treiben.

Das fällt gerade Airbus derzeit schwer. Denn besonders vom Bestseller A320neo stehen noch eine zweistellige Zahl in den Hauptwerken Toulouse und Hamburg auf dem Hof, weil die neuen Triebwerke auch nach gut einem Jahr noch nicht wie geplant funktionieren.

Die Top-Ten-Flugzeughersteller 2017 nach Markenwert

Dazu dürfte sich das Airbus-Management noch eine Weile mit sich selbst beschäftigen. Nach einem längeren Machtkampf müssen sowohl Airbus-Zivil-Chef Fabrice Brégier als auch – wenn auch später und als Sieger – Konzernlenker Tom Enders das Unternehmen verlassen. Außerdem braucht Airbus in den kommenden 15 Monaten einen neuen Innovationsvorstand, einen Verkaufschef, einen Strategievorstand, einen neuer Leiter des Hubschraubergeschäfts und wohl einen neuen Vorsitzender des Verwaltungsrats. Und das sind nur die Posten auf der obersten Ebene.

Parallel will der scheidende Enders noch den Umbau in Richtung Internationalisierung und korrekte Unternehmensführung durchziehen. „Das wird es garantiert reichlich Unruhe und gute Geschichten für die Medien geben“, vermutet der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. 

Immerhin einen Trost haben Experten wie CAPA-Chef Harbison. Auch wenn 2018 schwerer werde als 2017, „je schneller die Branche lernt, sich an das neue Umfeld bei Kosten und Wettbewerb anzupassen, desto besser wird das neue Jahr.“

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