Max Otte "Man darf Anlage-Gurus nicht unkritisch folgen"

Max Otte Quelle: imago images

Als Fondsmanager und Börsenexperte hat Max Otte ein bewegtes Jahr hinter und eine Bewährungsprobe vor sich. Weshalb die Börse für ihn brummt und welche Risiken er für die Märkte sieht.

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WirtschaftsWoche: Herr Otte, wie lief 2017 für Sie und Ihre Anleger?
Max Otte: 2017 waren wir ganz vorne dabei, laut den Fondsbewertern von Morningstar gehören unsere Fonds in der Vergleichsgruppe zu den besten sechs Prozent. Die großen Konkurrenzfonds und Vergleichsindizes haben wir um Längen geschlagen. Das ist eine Konsequenz meiner Entscheidung, Vorträge und öffentliche Auftritte zu reduzieren. Ich habe mich auf das Fondsteam konzentriert und mittlerweile eine gute Mannschaft zusammenbekommen.

2016 hagelte es in den Medien Kritik an Ihrer schwachen Fondsperformance.
Problematisch war eine Serie von fünf oder sechs negativen Artikeln, in denen es um den Absturz diverser sogenannter Promifonds ging. Das war nicht immer fair, „Spiegel Online“ musste wegen eines Berichts über uns eine Unterlassungserklärung unterzeichnen. In dem Artikel stand, der Otte hätte ein Problem, denn er lebe von seinen Vorträgen, die einen Großteil seiner Einnahmen ausmachten. Ich habe das nachgeprüft. Tatsächlich machten die Vorträge nur sechs Prozent meiner Einkünfte aus.

Dennoch: Der Fonds hatte sich unterdurchschnittlich entwickelt. Haben Ihre Anleger ihr Geld abgezogen?
Durch die schlechte Presse ist 2015 und 2016 richtig was abgeflossen. Seitdem ist das Fondsvermögen stabil. Leider reicht ein Jahr guter Performance nicht aus, um Anleger zurückzugewinnen. Noch ein gutes Jahr, dann geht das Fondsvolumen wieder rauf. Aber wir stehen auf einer sehr stabilen Grundlage. Ich konnte sogar noch einen Hedgefonds für professionelle Investoren auflegen.

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Sind die Kritiker verstummt?
Das vergangene Jahr war schon mal sehr erfreulich. Leider merkt das die breite Masse der Anleger erst, wenn wir mindestens zwei gute Jahre in Folge abgeliefert haben. Wir müssen also noch dranbleiben.

Was hat Ihrem Fonds die Wende gebracht? Waren es eher die Investitionen der vorvergangenen Jahre oder Neuinvestitionen und Umstellungen?
Teilweise waren es Dauerläufer, also Unternehmen, die wir als Value Investoren sehr gerne haben, wenn sie Nischen-Player mit gutem Management sind. Ein Beispiel dafür ist die Firma Bechtle, ein inhabergeführter süddeutscher Software-Dienstleister. Oder die Tech-Unternehmen, die langfristig im Trend liegen und noch nicht zu teuer sind. Dazu zähle ich Facebook, Apple, Amazon und die Google-Mutter Alphabet. Die haben uns ordentlich Wertbeitrag geliefert und sind weiter für Privatanleger interessant.

Gab es Aktien, die sich unerwartet entwickelt haben?
Als etwa die Mode-Aktie Ralph Lauren von 140 auf 60 Euro fiel, haben wir gekauft. Der Kurs hat sich dann überraschend sehr schnell erholt. Wir sind immer sehr erstaunt, wenn wir etwas kaufen und das dann steigt.

Im Ernst?
Na klar. Als Value-Investor kaufen Sie in die Schwäche rein, da müssen Sie durch. Nachdem Ralph Lauren überraschend schnell gestiegen war, haben wir schnell wieder verkauft. Normalerweise dauert das länger. Ähnlich war es bei der Lufthansa. Die haben wir leider viel zu früh verkauft, aber immerhin einen guten Schnitt gemacht.

Value Investoren sind ja für ihre Ausdauer bekannt. Sind Sie bei der Lufthansa nervös geworden?
Es ist das ewige Leid des Value Investors, dass er oft zu früh verkauft. Damit müssen wir leben. Warren Buffett hat immer gegen Airlines gewettert, aber zwei Monate nachdem wir Lufthansa gekauft hatten wurde bekannt, dass sich seine Berkshire Hathaway selbst an allen großen amerikanischen Airlines beteiligt hat. Das heißt, man darf auch diesen Gurus nicht unkritisch folgen und muss sich seine eigenen Gedanken machen. Genauso, wie Ihre Leser mir nicht bedingungslos folgen, sondern sich selbst ein Bild von einem Investment machen sollten.

Welche Branchen und Unternehmen sind trotz des allgemein hohen Bewertungsniveaus jetzt interessant?
Wir haben nach wie vor ziemlich durchmischte Märkte. Die Volatilität ist zwar niedrig, aber es gibt immer wieder Sektoren, die abstürzen. Wenn alle die Nase voll haben, ist für Value Investoren ein guter Moment, genauer hinzuschauen.

Zum Beispiel?
Im amerikanischen Einzelhandelssektor sind die Bewertungen völlig eingebrochen, weil alle Angst vor Amazon haben. Die damit einhergehenden Umwälzungen sind gravierend, aber wir sehen dadurch auch Einstiegschancen. Ein anderes Beispiel sind Deutsche Bank und Commerzbank. Die sind immer noch günstig. Wenn die Konzerne an die Kostenkontrolle gehen, könnten die Papiere steigen. Aber bis jetzt hat sich da nicht viel bewegt.

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