Deutschlands einst zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin ist Geschichte - doch das Airline-Monopoly nimmt weiter Fahrt auf. Die Konzentration wird nach der bislang größten Pleite einer europäischen Fluglinie weitergehen, sind sich Firmenchefs und Branchenexperten einig. Denn der Markt ist immer noch extrem zersplittert. Mehr als 160 Gesellschaften tummeln sich an Europas Himmel, und längst nicht jede hat eine eigenständige Zukunft, sagt etwa der erfahrene Airline-Berater Gerd Pontius.
Noch ist unklar, ob Air Berlin tatsächlich wie geplant zwischen Easyjet und Lufthansa aufgeteilt wird. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist offenbar nicht gewillt, den Lufthansa-Deal zur Übernahme der Air-Berlin-Töchter LG Walter und Niki unverändert durchzuwinken. Besonders auf den österreichischen Ferienflieger Niki haben auch Thomas Cook (Condor) und IAG (British Airways, Iberia, Vueling) ein Auge geworfen - und in Brüssel viele Zweifel gesät.
Die Lufthansa hat an diesem Donnerstag ein Entgegenkommen angeboten, um die wettbewerbsrechtlichen Vorbehalte zu zerstreuen. Man wolle an großen Flughäfen wie Berlin oder Düsseldorf Start- und Landrechte abgeben, um dort Konkurrenzangebote zu ermöglichen, berichtete eine mit den Unterlagen vertraute Person.
Air Berlin war 2017 nicht das einzige Unternehmen in starken Turbulenzen. Die britische Monarch musste von einem Tag auf den anderen aufgeben, weil ihr nicht der Staat beiseite gesprungen ist. Die Slots von Monarch gingen an IAG und den aufstrebenden Billigflieger Wizz aus Ungarn. Der einst so stolzen Staatslinie Alitalia droht im kommenden Jahr trotz massiver Staatshilfe eine ähnliche Zerschlagung wie der Air Berlin. Auch in Rom hat die Scheich-Airline Etihad die finanzielle Unterstützung eingestellt.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr wurde unter anderem wegen des frühzeitig eingefädelten Air-Berlin-Deals zum „Manager des Jahres“ gewählt. Gleichzeitig hat er Tariffrieden mit seinen dauerstreikenden Piloten geschlossen und die belgische Brussels Airlines geräuschlos in den Konzern integriert.
Falls die EU-Kommission das Air-Berlin-Geschäft doch noch vor Weihnachten kartellrechtlich abnickt, hat Spohr sich einen großen Teil des nationalen Konkurrenten samt der wichtigen Flugrechte gesichert - ohne die hohen Schulden und das vergleichsweise gut bezahlte Personal übernehmen zu müssen. Selbst ein Teil-Übernahmeverbot für die Niki könnte der Kranich verkraften und sich die Flugrechte auf anderen Wegen sichern.
Dass sich Piloten und Flugbegleiter von Air Berlin neu bei der Lufthansa-Tochter Eurowings bewerben müssen, um ihre alten Flugzeuge zu schlechteren Konditionen weiter zu fliegen, hat die Gewerkschaften nachhaltig empört. Mindestens für das Personal scheinen die goldenen Zeiten der Luftfahrt vorbei zu sein, während sich die Lufthansa-Aktionäre auf einen weiteren Rekordgewinn freuen dürfen. Und die Passagiere zahlen vorläufig Höchstpreise für ihre Tickets, weil viele Air-Berlin-Jets bis zur Entscheidung aus Brüssel am Boden bleiben müssen.