Pannenflughafen BER Und es geht doch noch schlimmer

Das Führungschaos am Hauptstadt-Flughafen droht den Starttermin weiter zu verzögern. Möglicherweise wird der Airport in diesem Jahrzehnt nicht mehr eröffnet.

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Wie es am Pannen-Airport derzeit aussieht
Christian Schlesiger (l), Karsten Mühlenfeld (r) Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Sitzbänke unter Plastikplanen Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Kabel Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Karsten Mühlenfeld Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Kunst im Berliner Flughafen. Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Duty-Free-Bereich Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Check-In-Schalter von Air Berlin. Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Eigentlich sind die drei Buchstaben, die den Hauptstadtflughafen kennzeichnen, irreführend. Wenn der BER irgendwann mal eröffnet, dann wird er deutlich zu klein sein für die Hauptstadt, die jedes Jahr Scharen an Touristen anlockt. Im vergangenen Jahr fertigten die Berliner Flughafen fast 33 Millionen Reisende ab. Der BER hat aber nur ein Fassungsvermögen von etwa 25 Millionen. Eigentlich müsste der BER wohl BERchen heißen.

Wenn er denn überhaupt einmal eröffnet. So sehr man sich an die Hiobsbotschaften gewöhnt hat, so tragisch sind die Folgen. Eigentlich sollte der BER dieses Jahr eröffnen. Dafür hatte man den Manager Karsten Mühlenfeld vor zwei Jahren zur Flughafengesellschaft geholt. Doch Mühlenfeld ist inzwischen Geschichte. Neuer Chef ist der Beamte Engelbert Lütke Daldrup, also die rechte Hand von Berlins Oberbürgermeister Michael Müller (SPD). Und Daldrup will sich für einen neuen Fahrplan erst einmal bis Sommer Zeit lassen. Es kommt ja jetzt auch nicht mehr auf den ein oder anderen Monat an.

Aber vielleicht wäre es doch gut zu wissen, in welchem Jahr der Flughafen mal eröffnen wird. Aktuell machen zwei neue Meldungen die Runde, dass die ersten Flugzeuge sehr wahrscheinlich nicht im Jahr 2018 abheben werden. Und wenn es ganz blöd läuft, wohl erst 2020. Aber der Reihe nach.

Hat der BER überhaupt noch eine Chance?

Der „Tagesspiegel“ berichtet in seiner heutigen Ausgabe von einem streng vertraulichen Gutachten der Beratung Roland Berger. Den Bericht haben die Berater eigens im Auftrag der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) angefertigt. Er datiert auf März 2017, ist also ganz aktuell. Dort setzen die Experten die Wahrscheinlichkeit, dass der BER im Juni 2018 eröffnen könnte, auf drei Prozent. „Ohne weitere Maßnahmen kann sich die Eröffnung des BER bis 2019 verzögern“, heißt es in dem 14-seitigen Gutachten.

Doch selbst wenn der Flughafen dann fertig wäre, heißt das noch lange nicht, dass er dann auch wirklich eröffnet. Denn die Verzögerungen werfen die Planungen von Dienstleistern über Bord, ohne die ein Flughafenbetrieb unmöglich ist.

Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ würde sich die Inbetriebnahme des BER mindestens bis 2020 verzögern, sollte er auch 2018 nicht eröffnet werden. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) sehe sich nicht in der Lage, einen Start kurzfristig zu gewährleisten. „Die DFS hat sich auf einen Termin 2012 vorbereitet und die Anspannung hochgehalten“, sagte ihr Präsident Klaus-Dieter Scheurle. „Jedoch wird diese nach 2018 nicht mehr hochgehalten werden können. Bei einer späteren Inbetriebnahme des BER könnte die Mindest-Vorlauffrist deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als die bisher genannten 13 Monate.“

Bislang hatte es geheißen, die DFS werde nach der offiziellen Bekanntgabe eines Starttermins 13 Monate benötigen, um die Luftraumstruktur und das Flugverfahren festzulegen, zu erproben und freizugeben. „Diese Frist ist bereits knapp kalkuliert“, sagte Scheurle. Ein Grund ist, dass zahlreiche Fluglotsen in Rente gehen und Nachwuchskräfte nicht so schnell ausgebildet werden könnten.

Vom neuen Chef Daldrup wird nun erwartet, dass er den Bau wirklich zu Ende bringt. Es ist eine letzte Chance. In der Bundespolitik schüttelt man derweilen nur den Kopf über das Führungschaos. Der Bund ist zwar selbst Gesellschafter der FBB und hat ein Interesse daran, dass der Flughafen nicht nur jeden Monat 17 Millionen Euro verschlingt, sondern irgendwann auch mal Einnahmen generiert. Doch der Bund war immer nur eher in der beobachtenden Rolle. Berlin und Brandenburg haben die wichtigsten Aufsichtsratsposten gestellt.

Weil Daldrup nun den Chefposten übernommen hat, ist Berlins Oberbürgermeister Müller als Aufsichtsratsvorsitzender zurückgetreten und hat das Kontrollgremium verlassen. Ansonsten wäre es zu Interessenkonflikten gekommen. In Berliner Regierungskreisen erzählt man sich daher folgende Geschichte: „Der Rauswurf des BER-Chef Mühlenfeld war eine gute Möglichkeit für Müller, den Aufsichtsrat zu verlassen.“ Denn mit dem BER sei kein Blumentopf zu gewinnen.


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