Rickmers Die schlimmste Krise

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Der Panama-Kanal wurde zum Verhängnis

Das große Problem: Rickmers hat zu viele kleine Schiffe. Die Konkurrenz setzt mittlerweile auf Container-Giganten mit einer Kapazität von 15.000 bis 20.000 Containern. Rickmers fehlt das Geld, um solche Ungetüme zu kaufen.

Stattdessen hat der Schiffsvermieter jede Menge Schiffe mit einer Kapazität von unter 5000 Containern im Angebot, sogenannte Panamaxe. Die Schiffe heißen so, weil sie gerade noch so durch die Schleusen des Panamakanals passen. Nur: 2016 eröffnete der Kanal seine neuen, breiteren Schleusen für größere Schiffe. Nun will niemand mehr Geld für Panamaxe ausgeben. Die Schiffe steuern nur noch den Schiffsfriedhof an.

Das Ende der Panamaxe

Für Rickmers wurde die Erweiterung des Panama-Kanals zum Verhängnis. Die Hamburger Reederei hatte eine Beteiligung in Singapur, den Rickmers Maritime Trust, die gleich 16 Panamax-Schiffe besaß. Und die, genauso wie die Hamburger Mutter, eine Anleihe in der Höhe von rund 65 Millionen Euro auf dem Markt hatte. Seit November 2016 ist klar: Der Trust kann den Anlegern ihr Geld nicht vollständig zurückzahlen. Das Unternehmen verkaufte zwei Schiffe zum Schrottwert. Aber auch das konnte nichts retten. Die Gläubiger entzogen dem Trust ihr Vertrauen, die Anleger stimmten gegen Restrukturierungspläne. Seit der vergangenen Woche steht fest: Der Rickmers Maritime Trust wird abgewickelt.

Mit der Hamburger Mutter haben die Singapurer da schon nichts mehr zu tun. Bertram Rickmers hat die Singapurer Tochter an sich selbst verkauft, an die Brick Holding, die ihm ebenfalls gehört. Das hat den Vorteil, dass das Debakel wenigstens nicht mehr in den Büchern seiner Hamburger Reederei auftaucht. Auch das Schwergutgeschäft hat Rickmers mittlerweile abgestoßen, an den Bremer Konkurrenten Zeaborn. Dabei musste Rickmers noch draufzahlen, damit Zeaborn der Reederei das Geschäft abnimmt.

Das Reich, das Bertram Rickmers sich aufgebaut hat, bricht auseinander. Der große Patriarch selbst wirkt geläutert. Seine Welt hat sich umgekehrt. Früher sicherte sich Bertram Rickmers Millionen, in dem er von seinem eigenen Unternehmen Lizenzgebühren für die Rickmers-Flagge verlangte.

Nun muss er selbst Geld in die Reederei stecken. Schon im vergangenen Jahr hat Rickmers 13 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen in die Kassen der Reederei eingezahlt. Nun will er weitere 20 Millionen Euro zuschießen, mit denen er eine Schuld bei einer Werft begleichen will, der Rest soll in die Kasse fließen. Weitere 10 Millionen Euro stellt er für den Notfall als Darlehen zur Verfügung.

von Jacqueline Goebel, Henryk Hielscher, Saskia Littmann

Zudem will Rickmers einen Teil der Bankschulden und auch die Anleihen-Schulden bei einer Luxemburger Untergesellschaft namens LuxCo bündeln. Das Vehikel in Luxemburg dürfte die Rickmers Gruppe aus steuerlichen Gründen für die Restrukturierung gewählt haben. Seit einer Gesetzesänderung müssen Unternehmen hierzulande eventuelle Gewinne aus einer Sanierung versteuern, die beispielsweise durch einen Schuldenschnitt der Gläubigerbanken zu Stande kommen könnten.

Über die LuxCo würden dann die Banken und Anleger insgesamt 75,1 Prozent der Anteile an Rickmers halten. Diese Anteile will Rickmers jedoch möglichst schnell an Investoren verkaufen und damit die Banken und Anleger auszahlen. Doch wie viel die LuxCo-Anteile an der Reederei noch wert sein könnten, ist völlig unklar. Und auch diesem Plan müssen die Banken, allen voran die HSH, erst noch zustimmen. In HSH-Kreisen heißt es, der Vorschlag werde geprüft. Bisher gehe man aber nicht davon aus, am Ende draufzuzahlen.

Vor allem in der Hamburger Politik sorgt der Plan trotzdem für Aufregung. Die Politiker befürchten, dass Rickmers so durch die Hintertür verstaatlicht wird. Denn die HSH gehört den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein und soll bald verkauft werden. Und noch ist nicht klar, wie viele der Anteile an Rickmers durch die Sanierung in den Besitz der HSH fallen sollen. „Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein müssen Klarheit schaffen, was dieser Deal für die Länder, die Milliarden-Garantie der Steuerzahler und den Verkaufsprozess der HSH Nordbank bedeutet“, erklärt FDP-Politiker Michael Kruse. „Wir fordern die Landesregierung auf, nicht zuzulassen, dass ein möglicher Verzicht der HSH Nordbank auf Rückzahlung von Krediten durch die Rickmers Gruppe zu Lasten des Landes Schleswig-Holstein bzw. der Steuerzahler geht", forderte auch Wolfgang Kubicki, Fraktionsvorsitzender der FDP in Schleswig-Holstein.

Rickmers muss nun auf die Einwilligung der Banken und Anleger hoffen. Sollten die nicht zustimmen, „würde die Sanierung voraussichtlich scheitern“, teilt das Unternehmen mit.

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