Werner knallhart

Die Absurditäten eines Schickimicki-Lunchs bei Vapiano

Wir Kunden machen ja viel mit, wenn wir glauben, das spart Geld und Zeit. Aber irgendwann wird es demütigend: In der Italo-Restaurant-Kette Vapiano werden wir herumgescheucht wie Hilfsarbeiter. Und schuld ist Ikea.

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Bevor ich darauf zu sprechen komme, warum ein Essen bei Vapiano ganze Familien auseinander treibt:

Angefangen hat ja alles bei Ikea. Wir lassen Spanplatten billig von politischen Gefangenen in der DDR zurecht sägen und schrauben sie dann als brave Kunden auch noch zusammen. Vorher bezahlen wir natürlich. Früher war das mit dem Bezahlen bei Ikea auch total genial. Einer stellte sich schon mal in die Schlange an der Kasse und der andere besorgte während der Wartezeit noch eben ein Schwarzweiß-Poster mit einem Londoner Doppeldeckerbus in knallrot darauf, Fischrogen aus der Tube und eine Küche. Nur einmal gab es eine Panne: Ich erinnere mich, wie meine Mutter in den 80ern an der Kasse mal den Tränen nah war. Man wollte bei der Bezahlung per Euroscheck ihren schwedischen Pass nicht als Ausweisdokument akzeptieren. Bei Ikea! Der Geschäftsführer konnte schlichten.

Heute ist es bei Ikea nicht mehr die größte Herausforderung, die Spanplatten zusammenzuschrauben. Heute ist es kaum mehr zu bewerkstelligen, die Spanplatten zu bezahlen. Denn bei Ikea kassieren sich mittlerweile ja die Kunden selber ab. Das Prinzip: Der Kunde scannt alles alleine und dafür kann das eingesparte Kassen-Personal andere tolle Sachen machen. Das spart das Geld der Kunden und deshalb sind wir ja schließlich auch hier.

Bei der Restaurantkette Vapiano laufen die Geschäfte schlechter als erwartet und Investitionen in den Konzernumbau sorgen für Gewinneinbruch bei Ikea. Die wichtigsten Zahlen des Tages im Überblick.

Spanplatten alleine scannen und dabei Geld sparen: Besonders eifrige Sparfüchse kommen da natürlich auf ganz besonders ausgefuchste Ideen - an Recht und Gesetz vorbei. Wie billig wird eine Pax-Schrankwand erst, wenn man die sechs Spiegeltüren nicht scannt?

Und nun wird klar, was die mit den eingesparten Ikea-Kassierern machen. Sie stellen sie als Sicherheitsdienst an die Selbstscan-Kassen und lassen sie die Kunden überwachen. Denn jeder Kunde ist nun ein potenzieller Betrüger. Selbst aufrechte Kunden wie ich, die am Falsch-Scan-Betrüger-Stress spätestens am Hotdog-Stand verrecken würden! Während man also Spanplatten, Teelichter und Spülbürsten mit der Laserpistole nach dem Strichcode absucht, spürt man die stechenden Blicke der misstrauischen Ikea-Sheriffs im Rücken.

"Haben Sie Pflanze und Übertopf auch jeweils einzeln gescannt?"

"Ja."

"Super. Und die Lack-Regale? Das sind fünf, richtig?"

"Ja und? Ich habe auch fünfmal gescannt."

"Super. Haben Sie daran gedacht, die Papiertüten einzutippen?"

"Ich bin gerade dabei, ja?!"

"Super. Kann ich dann gerade nochmal den Kassenbon zur Kontrolle sehen bitte?"

Selber schrauben dürfen wir. Aber selber scannen? Ikea sind die Kunden offenbar zu preisbewusst. Ja, dann macht euren Kassenmist doch einfach wieder selber!

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