Gelangweilt patrouilliert der Soldat der österreichischen Streitkräfte vor der Glasfassade der Organisation der Ölexportierenden Länder (OPEC) in der Wiener Innenstadt. Viel zu bewachen hat er nicht. Planmäßig treffen die Ölminister der Golfstaaten und anderen Förderländer nur zwei Mal jährlich in der Wiener Zentrale zusammen. Der wahre Schatz der OPEC kann mit Gewehren zudem kaum gesichert werden: Er besteht aus Bits und Bytes und enthält die Förderdaten der ölreichsten Länder der Erde.
Jeden Monat veröffentlicht die OPEC, wie viel Erdöl ihre 14 Mitgliedsländer fördern. Besonders seit das mächtige Kartell im vergangenen November enge Förderlimits beschlossen hat, haben diese Zahlen an Relevanz gewonnen. Denn sie sind Teil der Bildung des Ölpreises, der den Motor der Weltwirtschaft am Laufen hält oder zum Stottern bringt.
Was Sie über den Ölpreis wissen müssen
Da Öl ursprünglich in Fässern abgefüllt wurde - Barrel im Englischen -, wird diese Maßeinheit in der Branche bis heute verwendet. Ein Barrel sind 159 Liter.
Die steile Talfahrt begann Mitte 2014, bis Anfang 2016 hatte sich der Preis mehr als gedrittelt. Seitdem hat sich der preis wieder erholt, bleibt aber weiter weit hinter früheren Niveaus zurück. Hintergrund ist ein knallharter Wettbewerb zwischen den klassischen Ölförderern wie Saudi-Arabien und neuen Konkurrenten, die Rohöl mit der aufwendigen Fracking-Methode aus Schiefergestein lösen, allen voran in den USA.
Rohöl ist nicht gleich Rohöl. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Sorten – je nach Region. Alleine der Finanzinformationsdienst Bloomberg listet mehr als 100 Stück auf, wovon allerdings nur wenige große Bedeutung haben. Als Richtwert am Finanzmarkt gilt das US-Rohöl West Texas Intermediate (WTI). Eine weitere wichtige Sorte ist das Nordsee-Öl Brent.
Bei den Ölsorten gibt es gravierende Unterschiede bei der Qualität, was auch zu merklichen Preisunterschieden führt. So kann etwa die Sorte North Dakota Sour in der Raffinerie nur schwer verarbeitet werden, weil sie stark schwefelhaltig ist. Das schlägt sich auch im Preis nieder.
Für US-Öl und Brent-Öl werden die Preise über das Spiel von Angebot und Nachfrage gebildet. Aber auch diese Sorten können eine Vielzahl von unterschiedlichen Preisen haben, was daran liegt, dass sie in sogenannten Future-Kontrakten gehandelt werden. Der Käufer erwirbt dabei Rohöl mit unterschiedlichen Lieferdaten. Der am meisten gehandelte und damit für die Anleger wichtigste Future-Kontrakt läuft über einen Monat.
Auch die Ölsorten des Ölkartells Opec (Organisation erdölexportierender Länder) sind für die Weltwirtschaft von hoher Bedeutung. Von der Opec-Zentrale in Wien wird einmal täglich der sogenannte Opec-Korbpreis ermittelt. Hierfür melden alle Mitgliedstaaten des Ölkartells ihre jeweiligen Ölpreise, dann wird der sogenannte Korbpreis aller 13 Opec-Sorten errechnet. Dieser Durchschnittspreis wird allerdings immer mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht und spiegelt daher nicht die neueste Entwicklung wider.
Doch die Zahlen der OPEC machen Kritiker zunehmend stutzig. Andreas Goldthau von der Universität London bemängelt etwa angebliche Rechenspiele bei der Senkung der Ölförderung. So lässt die Organisation bei manchen ihren Statistiken ganze Zeilen weiß und trickst womöglich mit einem Referenzwert bei der Senkung der Ölproduktion. „Einige Rechnungen der OPEC sind schlicht nicht korrekt“, sagt Goldthau.
Doch nicht nur die Validität mancher OPEC-Statistik steht in der Kritik. Auch die Verzögerung, mit der diese Daten herausgegeben werden, wollen viele in der Branche nicht mehr hinnehmen.
Auf der sozialen Plattform Twitter hat sich bereits eine Art Gegengesellschaft aus Wissenschaftler und Brancheninsidern zur OPEC zusammengefunden. Hinter dem Kürzel OOTT und dem entsprechenden Hashtag (#OOTT) verbirgt sich die „Organisation of Oil-Trading Tweeters“.
Die möglichen Lücken und Fragezeichen, die die Opec in ihren Statistiken hinterlässt, werden in diesem Forum von einer Fachgemeinde besprochen.