Der weltgrößte Onlinehändler Amazon verbündet sich mit dem britisch-niederländischen Ölkonzern Shell im Paketgeschäft. „Shell und Amazon testen seit Juli sogenannte Amazon Locker an zehn Shell-Stationen in München“, sagte Istvan Kapitany, Chef des weltweiten Tankstellengeschäfts bei Shell, im vorab veröffentlichten Interview mit dem „Handelsblatt“.
Dabei gehe es darum, unabhängig von Paketdiensten wie dem deutschen Marktführer DHL selbst Pakete zustellen zu können. Amazon und Shell wollten erste Erfahrungen für den Ausbau der Zusammenarbeit sammeln. „Das Angebot passt gut in unser Konzept, Kunden mit attraktiven Dienstleistungen das Leben ein bisschen einfacher und bequemer zu machen“, so Kapitany.
Nicht nur für Shell dürfte sich die Kooperation auszahlen. Die rund 2000 Tankstellen, die Shell betreibt, sind für Amazon wertvolle Infrastruktur für den Einstieg ins Logistikgeschäft.
Das sind Amazons nächste Projekte
Unter Amazon Dash versteht der Internetkonzern eine Art Einkaufsliste auf Knopfdruck. Die kleinen Aufkleber mit Taste können die Kunden einfach im Haus an das Waschmittel oder an das Hundefutter kleben - und wenn die Packung leer ist, per Knopfdruck schnell bei Amazon eine neue bestellen. Bisher ist der Service nur für Kunden des Premiumdienstes Amazon Prime in den USA und in Großbritannien erhältlich - für 4,99 US-Dollar je Button.
Mit "Amazon Handmade" macht der Online-Händler Anbietern wie Etsy oder DaWanda Konkurrenz. Auf dem Marktplatz will Amazon Künstler und Bastler versammeln, die individualisierbare Produkte verkaufen: Selbstgeschneiderte Kleider und Taschen, Schmuck, Armbänder, Möbel. Die Plattform befindet sich in den USA noch im Aufbau. Wer dort verkaufen will, kann sich jetzt schon bewerben. Allerdings kostet ein professioneller Verkäufer-Account knapp 40 Dollar im Monat, und Amazon will bei jeder Bestellung zwölf Prozent Provision einstreichen. Bei anderen Plattformen sind diese Konditionen weitaus günstiger für die Verkäufer - allerdings erreichen sie dort wahrscheinlich nicht so viele Kunden. Ob und wann Amazon Handmade auch nach Deutschland kommen soll, ist nicht bekannt.
Über seine Plattform "Amazon Home Service" vernetzt der Online-Händler in den USA Techniker, Handwerker und Trainer mit seinen Kunden in den Großstädten. Wer bei Amazon einen neuen Fernseher kauft, kann also gleich einen Techniker beauftragen, der den Fernseher anschließt und einrichtet. Auch Yoga-Stunden und Gitarren-Lehrer lassen sich über die Plattform buchen. Bis zum Jahresende will Amazons einen Service in 30 amerikanischen Großstädten anbieten.
In der Amazon-Heimatstadt Seattle fährt seit diesem Sommer der "Treasure Truck" - ein Lkw, vollgeladen mit Sonderangeboten. Kunden können die Waren auf dem Truck per App bestellen und direkt liefern lassen - zum Beispiel ein Surfboard für den Preis von 99 Dollar anstatt den üblichen 499 Dollar.
Prime Music ist der Musik-Streamingdienst von Amazon, eine Konkurrenz zu Spotify oder Apple. Wer Mitglied beim Amazon Premiumdienst Prime ist, kann den Service in den USA und auch in Großbritannien ohne Zusatzkosten nutzen. Allerdings verfügt Amazon bisher nur über eine Bibliothek von etwa einer Millionen Songs.
Amazon begnügt sich schon lange nicht mehr, Medien zu verkaufen - der Online-Händler produziert sie mittlerweile auch selbst. Über seinen Streamingdienst zum Beispiel hat Amazon die ersten Folgen der Serie "The Man in the High Castle" veröffentlicht. Darin geht es um die Frage: Wie würde die Welt aussehen, wenn die Nazis den zweiten Weltkrieg gewonnen hätten? Auch einen eigenen Kinofilm mit dem Titel "Elvis & Nixon" produziert Amazon. Was danach kommt? Wahrscheinlich ein eigenes Videospiel. Laut Medienberichten hat Amazon Entwickler von bekannten Spielen wie World of Warcraft oder Halo verpflichtet.
Nach Informationen des Handelsblatts aus Branchenkreisen ist zunächst angedacht, eine dreistellige Zahl von Shell-Stationen in Deutschland mit Paketautomaten auszustatten. Amazon-Kunden können ihre Bestellungen dann zu diesen Automaten mit Schließfächern umleiten, falls sie nicht zuhause anzutreffen sind.
Schon im Frühjahr suchte Amazon nach Managern, um Amazon Locker zu realisieren, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Bernd Schwenger, Chef von Amazon Logistics versuchte gegenüber der WirtschaftsWoche schon, nachdem das Projekt spruchreif wurde, Anbieter wie DHL, Hermes und UPS zu beschwichtigen und sagte, der Onlinehändler sei „in enger Absprache mit unseren Lieferpartnern“.
Die sind in großer Sorge. Denn ein eigenes Schließfachsystem gilt als nächster Schritt für Amazon auf dem Weg, einen eigenständigen Paketdienst aufzubauen. Die Lieferanten fürchten bereits, wichtige Aufträge von Amazon zu verlieren, seit der Konzern seine Pakete in einzelnen Regionen in Eigenregie ausliefert.