Bilanzskandal bei Steinhoff Aufstieg und Fall eines Möbelimperiums

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Licht ins bilanzielle Dunkel bei Steinhoff

Im Gegensatz zum blau-gelben Marktführer vertraute Steinhoff dabei allerdings nicht auf eine Kernmarke, an der Wohl und Wehe des Konzerns hängt. Vielmehr verleibte Jooste dem Konzern Dutzende Möbel- und Handelslabels ein und brachte es nebenbei selbst zu einem der reichsten Südafrikaner.

Wie im Rausch expandierte die Gruppe unter seiner Führung in den vergangenen Jahren und vereinte ein Sammelsurium von mehr als 40 verschiedenen Handelsketten mit weltweit mehr als 10.000 Läden unter ihrem Dach. Der amerikanische Bettenhändler Mattress gehört dazu, ebenso wie der australische Wohnspezialist Freedom und der afrikanische Textildiscounter Pepco. Einrichtungsketten wie die französische Conforama und Kika/Leiner aus Österreich schmücken das Steinhoff’sche Portfolio. Hierzulande sind vor allem die Poco-Möbelhäuser bekannt, die lange Zeit mit der Privatfernsehprominenten Daniela Katzenberger warben, um billige Lampen und Lattenroste zu verkaufen.

Doch ging bei dem strammen Expansionskurs alles mit rechten Dingen zu? Genau daran wachsen die Zweifel. Schon im Sommer waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts der Bilanzfälschung bekannt geworden. Bereits daraufhin brach der Aktienkurs ein. Steinhoff hatte die Vorwürfe unredlicher Geschäftspraktiken zurückgewiesen. „Wesentliche Fakten und Vorwürfe sind falsch oder irreführend“, teilte der Konzern Ende August mit. Zudem habe das Unternehmen schon im Jahr 2015 auf Untersuchungen wegen Bilanzfragen hingewiesen.

Inzwischen klingt das Unternehmen deutlich zurückhaltender. So gab der Aufsichtsrat bekannt, dass „in Bezug auf Bilanzunregelmäßigkeiten neue Informationen ans Licht gekommen sind“. Diese machten weitere Nachforschungen erforderlich. Daher werde die Vorlage der Bilanz verschoben. Zudem werde geprüft, ob frühere Unternehmenszahlen überarbeitet werden müssten. Die Prüfgesellschaft PwC soll nun eine unabhängige Untersuchung durchführen. Die Konzernleitung soll zunächst Aufsichtsrat und Großaktionär Christoffel Wiese übernehmen.

Dabei dürfte auch Wiese für die jetzige Lage mitverantwortlich sein. Er ist seit Jahren an Steinhoff beteiligt und war 2014 durch einen Zusammenschluss des von ihm kontrollierten Textildiscounters Pepkor mit Steinhoff  zum mächtigsten Aktionär des Unternehmens aufgestiegen. Als Vorsitzender des Verwaltungsrats und enger Vertrauter von Jooste kennt er das Geschäft im Detail. Hat er Steinhoffs Bilanzthemen zu lange ignoriert und Jooste freie Hand gelassen, obwohl es schon seit Jahren Hinweise auf fragwürdige Bilanzierungspraktiken gab?

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So laufen etwa seit geraumer Zeit zwischen Steinhoff und dem österreichischen Möbelunternehmer und XXXLutz-Miteigentümer Andreas Seifert rechtliche Auseinandersetzungen, bei denen es unter anderem um die Bilanzierung des Möbeldiscounters Poco geht. Beide Seiten erheben Anspruch auf das Unternehmen. Seifert ist laut Handelsregister seit Ende 2013 über seine deutsche OM Handels GmbH mit 50 Prozent an Poco beteiligt. Nach früheren Angaben des Steinhoff-Konzerns habe Seifert aber treuhänderische Pflichten verletzt und damit die Gesellschafterstellung verloren. Im Umfeld Seiferts wurde das bislang aber stets bestritten. Tatsächlich stellt sich damit die Frage, wie Pocos Umsätze in Steinhoffs Bilanz verbucht wurden und ob dies angesichts der strittigen Beteiligungsverhältnisse korrekt war.

Ob ausgerechnet Wiese nun der Richtige ist, um Licht in bilanzielle Dunkel zu bringen, steht dahin. Immerhin, der Milliardär ist für seine Ausdauer und Hartnäckigkeit bekannt – im Geschäftlichen wie bei seinem Hobby, der Jagd. Ab und an geht er in seinem privaten Wildreservat am Rand der Kalahari-Wüste auf Pirsch – in der Vergangenheit auch schon gemeinsam mit Bruno Steinhoff.

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