Funktionalität statt Glanz und Glamour Smartphone-Generation mischt Luxusbranche auf

Die Ikonen der Luxusmarken ziehen bei der jungen Generation nicht mehr so. Was für sie zählt, sind smarte Produkte und der Erfahrungsaustausch online. Mit ihren Trends beeinflussen sie auch Ältere.

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Generation-Smartphone Quelle: obs

Luxus kann für die einen der Champagner von Aldi und Lidl sein, für Fußballstar Cristiano Ronaldo der zwei Millionen Euro teure Bugatti. Die Spielregeln für das Geschäft mit dem Prunk werden gerade neu geschrieben: Logo, Glanz und Glamour seien für die junge Generation „Statussymbole von vorgestern“, befinden Unternehmensberatungen.

„Die Marke wird zukünftig unwichtig“, heißt es in einer gemeinsamen Studie von EY, Keylens und Inlux für den Branchentreff Luxury Business Day am Donnerstag in München. Es zählten die Funktion und das damit verbundene Erlebnis. Die Generation Z, die in der Online-Welt aufgewachsen ist, „will Produkte, die was können: Smart watch, smart fashion“. Erfahrungsberichte, Kundenbewertungen, Preis- und Produktvergleiche schafften Transparenz und würden zu Wegweisern dieser Generation von „Smartphone-Zombies“.

Die Generation Z steht zwar erst an der Schwelle in Berufsleben und finanzielle Unabhängigkeit. Aber „ihr Einfluss wird schnell unterschätzt, denn ihre Einstellung und ihr Konsumverhalten ziehen Jüngere und Ältere mit“, erklärt EY-Berater Stefan Schröder. Jeden Kauf und jeden Aspekt ihres Lebens teilten sie in ihren Netzwerken. Gleichaltrige, aber auch Eltern und Familie nähmen ihre Botschaften zu Trends, Technik und Lifestyle ernst. „Auch wenn sie noch zu jung scheinen, um als starke Käufergruppe zu gelten, sind sie die Influencer von heute und morgen.“

Auch Luxusunternehmen müssten heute überall und jederzeit online erreichbar sein. Für die Generation Z gelte: „Wer nicht auf meinem Kanal präsent ist, existiert nicht.“ Die meisten Unternehmen hätten das erkannt, fast alle seien auf Facebook, Instagram und Youtube unterwegs. Die Mehrheit habe auch den großen Einfluss von Youtubern, Bloggern und Video-Bloggern verstanden. Schröder rät Luxusfirmen, auf solche Meinungsbildner zu setzen. „Es lohnt sich nicht, Champagner und Kaviarhäppchen mit einem angesagten Fußball-Star anzubieten, wenn die Zielgruppe lieber Smoothies mit Kayla Itsines trinken will.“

Die Unternehmensberatung Deloitte hat kürzlich die 100 größten Luxusfirmen der Welt unter die Lupe genommen. Zusammen stehen sie für 212 Milliarden Euro Jahresumsatz. Autos, Jachten, Flugzeuge und Hotels blieben dabei außen vor - im Fokus standen Mode, Taschen, Uhren, Schmuck. Ergebnis: Französische und italienische Unternehmen dominieren, die USA sind der größte Markt, China, Russland und die arabischen Ölländer sorgen für wachsende Nachfrage.

Aber die jahrzehntelang bewährten Zielgruppen-Muster geraten ins Wanken. Laut EY wurden im vergangenen Jahr sieben Prozent der Luxusgüter online verkauft. „Ein begrenztes Maß an Innovationen, kontrollierte Preise, kontrollierte Kommunikation, die Marke als Leuchtturm und berechenbare, loyale Kunden: Dieses Modell hat sich überlebt.“ Die Digitalisierung und die junge Generation veränderten das „Geschäft mit dem Luxus radikal“.

Inlux-Chefin Petra-Anna Herhoffer sagt, für die junge Generation sei die von der Großmutter bereits getragene Handtasche von Luxusmarken-Ikonen wie Hermès, Prada oder Gucci durchaus begehrenswert. Aber „es gilt als peinlich, ein Markenopfer zu sein“. Die Jungen ließen sich nicht binden und mischten alles hemmungslos. „Die jungen Leute machen heute alle zehn Dinge auf einmal. Sie wechseln blitzschnell von einem Trend zum anderen,“ so Vincent Gregoire, Lifestyle-Experte der Pariser Trendagentur Nelly Rodi. Alles sei vorübergehend, „und das ist ein großes Problem für die Luxusindustrie“.

Die Generation Z lässt sich fast als Gegenbild zum Yuppie-Ideal der 1980 und 1990er Jahre beschreiben. „Miami Vice“-Serienstar Don Johnson trug damals Armani-Anzüge, Ray-Ban-Sonnenbrillen und fuhr Ferrari Testarossa. Heute dagegen gibt es „keine Markentreue mehr, und das wird sich bei der kommenden Generation Z noch verstärken“, sagt Gregoire.

Die beliebtesten Uhren 2016
Auf Platz 10 der umsatzstärksten Uhren landete bei Chronext eine Rolex. Das ist kaum eine Überraschung, denn die Schweizer Marke aus Genf, dominiert den Markt der mechanischen Uhren. Zwar mögen Unternehmen wie Patek Philippe, die in Sichtweite von Rolex ihre Manufaktur haben, teurere und kompliziertere Uhren produzieren, an der schieren Zahl der Uhren, die Rolex jährlich herstellt kann sich jedoch kein Luxusuhrenhersteller messen. Modelle, die seit Jahrzehnten existieren werden gepflegt. So wie die Explorer II, deren Grundform mit den markanten runden Indizes und dem weißen Zifferblatt schon 1971 entstand. Aus der Entfernung unverwechselbar als Rolex zu erkennen - auch das eines Erfolgsrezepte der Schweizer. (Alle Fotos von Marco Woyczikowski) Quelle: PR
Die Oyster Submariner in Schwarz ist so etwas wie die Brot- und Butteruhr der hochwertigen mechanischen Uhren. Heerscharen von jungen aufstrebenden Beratern investieren ihr erstes Geld in eine Submariner. Damit tätigen sie auch eine Wertanlage, denn die Preise für dieses beliebte Modell bleiben auch im Sekundärmarkt stabil. 1953 als Taucheruhr vorgestellt, hat sie in den nun mehr als 60 Jahren ihres Daseins kaum an Anziehungskraft verloren. Was der Submariner ebenfalls gelang - der Sprung ans Handgelenk von Frauen. Das durchaus große Modell mit Stahlarmband bringt einiges an Gewicht mit sich, was in den vergangenen Jahren dennoch zahlreiche Frauen nicht davon abgehalten hat, diese Uhr zu tragen. Quelle: PR
1963, in den Zeiten vor ferngesteuerten Aggregaten, Traktionskontrolle und anderen technischen Hilfsmitteln in Rennwagen, brachte Rolex die Daytona auf den Markt, speziell für Rennfahrer. Das Modell mit den drei kleinen Kreisen und der sogenannten Tachymeter-Skala gehört zu den aufwändigeren Uhren aus dem Rolex Programm. Der Chronograph stoppt die Zeit, das gilt im mechanischen Uhrenbau als Komplikation. Mit diesen beiden Informationen soll der Rennfahrer Durchschnittsgeschwindigkeiten pro Stunde errechnen könne. Auch wenn das vermutlich kaum einer seiner Besitzer tut - das Modell gehört weiterhin zu den beliebtesten Uhren bei Chronext. Quelle: PR
Neben Seglern, Tauchern und Rennfahrern, sind es vor allem die Piloten, auf die es die Uhrenunternehmen abgesehen haben. In den frühen Tagen der Fliegerei war die Armbanduhr wichtiges Instrument. Große Ziffern, großes Zifferblatt, gut abzulesen - das zeichnet sämtliche Vertreter dieses Genres aus, denen allen die Optik eines Fliegerinstruments gemein ist. Die Schaffhausener Marke IWC, die neben Lange & Söhne und Jaeger-LeCoultre zum Luxuskonzern Richemont gehört, pflegt ihr maskulines Image gerne mit Fliegeruhren, wie diesem Chronograph. Quelle: PR
Spätestens mit Platz 6 der umsatzstärksten Uhren des E-Commerce-Unternehmens Chronext ahnt der Betrachter, dass vor allem maskuline Stahlmodelle mit klarer Optik und massivem Auftritt beliebt sind. Same same but different - denn die Seamaster Planet Ocean nutzt die Lünette nicht für ein Tachymeter sondern einer klassischen 60 Minuten-Anzeige. Die lässt sich drehen und der Taucher - für den die Uhr gedacht ist - weiß, wie lange er schon unter Wasser ist. Die Planet Ocean ist darüber hinaus ein sogenannter Chronometer, eine Uhr, die besonders exakt geht und dies in einer Prüfung nachweisen muss. Wer mag, kann diesen Chronometer mit auf einen Tauchgang von 600 Metern nehmen, ohne dass die Garantie erlischt. Zur Erinnerung: Sporttaucher stoppen meist bei 40 Meter, Apnoetaucher gehen bis zu rund 200 Meter tief und bei 600 sind es schon nur noch wenige Fische, mit denen man die Freude über die Haltbarkeit der Uhr teilen könnte. Quelle: PR
Kaum eine Innovation der Uhrenbranche bereitet solches Kopfzerbrechen wie die Smartwatch, sei sie von Apple, Samsung oder anderen Anbietern. TAG Heuer hat mit der "Connected" einen Versuch gestartet, die Fans hochwertiger Uhren und moderner Kommunikationstechnologie mit einem ähnlichen Modell zu bedienen. Denn die Schnittmenge beider Gruppen ist größer als den Herstellern der mechanischen Uhren lieb sein kann. Quelle: PR
Allen Smartwatches mit ihren funkelnden Displays geht eine Faszination ab, die in der Welt der analogen Zifferblättern schon immer die Nutzer begeistert hat: Fluoreszierende Ziffern oder Indizes. Die Omega Seamaster mit ihren großflächigen Indizes weckt den Spieltrieb seines Nutzers, die Uhr unter Licht zu halten und sie anschließend in der hohlen Hand, unter der Bettdecke oder der Schreibtischplatte glühen zu sehen. Heute sind die Uhren auch sicher - in der Frühzeit der Verwendung von selbstleuchtenden Materialen strahlten diese leicht radioaktiv. Quelle: PR

Ein Trend immerhin scheint die Luxusgüter-Industrie zu verschonen: „Sharing-Modelle im Luxussegment haben langfristig keine Chance. Luxus muss exklusiv bleiben“, sagt Till Brunecker vom Luxusreise-Veranstalter Edeltrotter. Philip Man vom Uhrenhersteller Chronext sieht das genauso: „Also lieber eine gebrauchte Uhr kaufen, ein Jahr tragen und wieder verkaufen für die nächste Uhr, als sie zu leasen.“

Eine Gefahr für die großen etablierten Luxusmarken sehen Firmen und Unternehmensberater dagegen in wachsender Konkurrenz durch junge regionalen Marken. Bekannt werden sie durch Resonanz in den sozialen Medien. Sie können mit exklusiven Produkten und Service vor Ort punkten: „Nischenprodukte aus kleineren regionalen Fabrikationen stehen hoch im Kurs“ - momentan zumindest. EY-Berater Federico Bonelli sagt: „Die Schnelllebigkeit unserer Zeit ist auch im Luxusmarkt angekommen.“

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