Jetzt muss es schnell gehen. Vorne am Schaufenster müht sich ein Fensterputzer um streifenfreien Glanz. Hinten am Fahrstuhl wuchtet ein Mitarbeiter eine schwere Reinigungsmaschine über die hellen Kacheln des Düsseldorfer Carsch-Hauses. Auf allen Etagen wuseln und wirbeln sie noch am Mittwochmorgen, putzen hier, glätten dort und verleihen dem Traditionskaufhaus den letzten Schliff. Schließlich soll es in ein paar Stunden losgehen: Die erste deutsche Filiale des Edel-Outlets Saks Off 5th öffnet ihre Pforten.
Das Label, das wie die Warenhauskette Kaufhof zum Reich des kanadischen Handelskonzerns HBC gehört, will künftig in besten Citylagen Top-Marken zu Discountpreisen verkaufen. Neben dem Düsseldorfer Flaggschiff werden demnächst vier weitere Standorte an den Start gehen, darunter Häuser in Frankfurt und Wiesbaden. Das Branchen-Fachblatt „Textilwirtschaft“ sieht in der neuen Billigkette bereits „eines der spannendsten Handelsprojekte dieses Jahres in Europa“.
Doch hat das Konzept im hart umkämpften deutschen Modemarkt tatsächlich eine Chance? Bei einer Eröffnungsparty am Abend wurde das umgebaute Carsch-Haus erstmals einem größeren Publikum vorgestellt. Für das Management von Saks Off 5th war es die Generalprobe für das offizielle Debüt am Donnerstag, wenn auch - dank Häppchen und Sekt - unter erleichterten Bedingungen und mit prominenter Unterstützung. Models wie Eva Padberg und Anna Hiltrop waren vor Ort, um der Gesellschaftspresse ihre liebsten Shoppingdestinationen im Haus zu verraten: die Schuhabteilung. Düsseldorfer Prominente schwärmten und schwelgten, ob der neuen Einkaufsmöglichkeiten.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Auf fünf Etagen bietet der Flagship-Store Markenbekleidung, Accessoires, Schuhe, Schmuck und Dekorationsartikel aus nicht mehr ganz aktuellen Kollektionen mit deutlichen Rabatten auf den empfohlenen Verkaufspreis an. Auf fast allen Produkten prangt denn auch der Originalpreis, die Saks-Variante und die Differenz. Es gibt einzelne Stücke von Topdesignern wie Dolce & Gabbana, Prada und Armani. Doch auch Billig-Ware wird offeriert, so etwa Damenhosen für 19,99 Euro.
Direkt hinter dem Eingangsbereich wurden Regale mit Dutzenden Sonnenbrillen in helles Licht getaucht. Mont-Blanc-Stifte und Versace-Uhren zieren die Auslagen, nebst allerlei Krimskrams vom Netzstecker bis zur Yoga-Fibel.
Gewöhnungsbedürftig ist indes die erste Etage, wo Hunderte Damenschuh-Paare in offenen Kartons dargeboten werden. Stylish soll das Ganze wirken, doch ein Hauch von Deichmann-Atmosphäre umweht selbst die goldenen Stöckelschuhe von Jimmy Choo.
Deutschlands beliebteste Waren- und Kaufhäuser
Mit 2,05 Millionen Besucher in sehcs Monaten kommt Breuninger auf Rang 5 der Waren- und Kaufhäuser in Deutschland
Zur Umfrage: Das Ergebnis einer Umfrage zu den beliebtesten Waren- und Kaufhäusern in Deutschland zeigt, wie viele Menschen innerhalb von sechs Monaten im vergangenen Jahr in den verschiedenen Warenhäusern eingekauft haben.
Quelle: Statista / IFAK, Ipsos
Strauss Innovation landet 2014 auf dem vierten Platz der beliebtesten Waren- und Kaufhäuser mit rund vier Millionen Kunden in sechs Monaten.
Platz drei geht mit rund 8,4 Millionen Kunden an die Einzelhandelskette Woolworth mit rund 260 Filialen in Deutschland.
Mit einer Kundschaft von 17,35 Millionen hat es die Karstadt Warenhaus GmbH mit Sitz in Essen auf Platz zwei der beliebtesten Kaufhäuser geschafft.
Die meisten Kunden konnte die Galeria Kaufhof in sechs Monaten im Jahr 2014 in ihre Filialen locken. Rund 21,72 Millionen Deutsche über 14 Jahre haben dort eingekauft.
Insgesamt jedoch scheint das umgebaute Carsch-Haus den Nerv der künftigen Kundschaft durchaus zu treffen. Damit könnte auch das Ziel des Eigentümers, der kanadischen Kaufhof-Mutter HBC, aufgehen, sich in Europa neue Wachstumsquellen zu erschließen. Allerdings ist der sogenannte "Off Price-Markt" durchaus umkämpft. Neben zahlreichen Outlet-Centern auf der Grünen Wiese geht in den Innenstädten seit Jahren etwa TK Maxx mit preisreduzierter Ware auf Kundenjagd. Und neben Saks Off 5th drängen weitere neue Player in den Markt. So will die Essener Warenhauskette Karstadt noch in diesem Jahr ein Outlet-Pilotprojekt starten.
Dabei will Karstadt mit Online-Partnern auf speziellen Flächen in den Filialen stark preisreduzierte Stücke bekannter Bekleidungsmarken anbieten. Damit könnten zusätzliche Kundengruppen in die Warenhäuser gelockt werden, ist Karstadtchef Stephan Fanderl überzeugt. Zunächst jedoch will Saks Off 5th durchstarten. In den kommenden fünf Jahren sind europaweit bis zu 40 Filialen geplant.