Kampf gegen Aldi Lidl will zurück zu alten Discounttugenden

Nach Jahren ungehemmter Filial- und Sortimentsverschönerungen trimmt Konzernchef Klaus Gehrig das Lidl-Reich wieder auf Kostenbewusstsein und Effizienz. In sechs Disziplinen hat das auch Folgen für den Rivalen Aldi.

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Lidl gegen Aldi Quelle: dpa

Sie sind die deutschen Pendants zu Pepsi und Coca Cola: Dauerrivalen, die jeden Schritt ihres Konkurrenten genau beobachten, um die niedrigsten Preise, die höchsten Umsätze und die meisten Läden. Seit mehr als 40 Jahren gibt Lidl auf der Billig-Bühne den ewigen Aldi-Jäger und Treiber, während Aldi versucht, seine Stellung gegen den Emporkömmling zu behaupten. Nun kommt Bewegung in den Wettkampf der Discountsysteme: Lidl steht vor einer strategischen Neujustierung.

Setzte der Discounter noch vor einem Jahr auf ein neues Ladenkonzept mit hohen Decken und großen Glasflächen, stellt der Chef der Schwarz-Gruppe, Klaus Gehrig, nun Kostenbewusstsein und Effizienz in den Vordergrund. „Wenn der Erfolg zur Regel wird, wird man mitunter nachlässig und weniger erfolgsorientiert“, sagte Gehrig der WirtschaftsWoche. Das könne dazu führen, dass man „etwas Speck ansetzt. Und das darf in unserer Branche nicht sein.“

Generell sieht er den Konzern jedoch gut aufgestellt. „Die Schwarz-Gruppe ist auf Kurs. Wir haben das Steuer fest in der Hand.“ Gehrig: „Wir brauchen keine Diät – wir müssen nur zu unseren alten Tugenden (…) an den Orten zurückfinden, wo wir sie offensichtlich vernachlässigt haben.“

Doch was heißt das konkret? In sechs zentralen Discountdisziplinen werden bereits die ersten Neuerungen sichtbar.

Das Sortiment

Über Jahrzehnte hinweg war die Discounterwelt klar aufgeteilt: Aldi bestückte die Regale mit einem überschaubaren Sortiment an Eigenmarken und verzichtete weitgehend auf Markenprodukte. Lidl dagegen setzte von Anfang an zusätzlich auf die Zugkraft von Markenprodukten wie Nutella und Milka.

Doch in den vergangenen Jahren erlag auch Aldi dem Glanz der großen Marken. Der erste große Aufschlag war zunächst die Einlistung von Coca-Cola. Seit 2015 hat sich der Markenflirt zur heißen Affäre ausgeweitet. So zieren inzwischen auch Krombacher-Bier, Lenor-Waschmittel, o.b.-Tampons und zahlreiche Promi-Produkte die Regale von Aldi Süd. Auch der Norden hat deutlich zugelegt. Damit erobern die Ruhrgebietler eine Domäne, die Lidl bisher exklusiv für sich reklamieren konnte.

Die wichtigsten Marken in Aldis Regalen
Aldi Markenartikel Ü-Ei Quelle: dpa
Aldi Markenartikel Nutella Quelle: dpa
Aldi Markenartikel Coca-Cola Quelle: dpa
Aldi Markenartikel Nivea Quelle: dpa
Aldi Markenartikel Jägermeister Quelle: dpa
Aldi Markenartikel Red Bull o.b. Quelle: PR
Aldi Markenartikel Gerolsteiner Quelle: PR

Der Strategiewandel scheint sich auszuzahlen. Laut vertraulichen GfK-Daten, die der WirtschaftsWoche vorliegen, steigerte Lidl die Umsätze mit Lebensmitteln und anderen Waren des täglichen Bedarfs von Jahresanfang bis Ende August um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Aldi Nord und Süd düpierten den Rivalen mit einem Plus von 5,7 und 7,8 Prozent. Dennoch ist die Strategie nicht ohne Risiko – vor allem beim Preis.

Der Preis

Für den Lebensmittelhandel ist Aldi das, was die Opec für den Ölmarkt ist. Senkt Aldi den Milchpreis, ziehen die Wettbewerber zähneknirschend nach. Erhöht Aldi die Kaffeetarife, atmet die Konkurrenz auf und schlägt selbst zu. In der Vergangenheit blieb Aldis Preisprimat jedoch auf No-Names beschränkt. Nun wachsen Aldis Ansprüche in das Reich der Markenprodukte.

Dort jedoch können auch Lidl und die Schwesterfirma Kaufland ihre Einkaufsmacht ausspielen – und stellen neuerdings regelmäßig Aldis Image als Preisführer infrage. Zu Beginn der Markenlistungen bei Aldi hatte Lidl vereinzelt noch die Dauerpreise gesenkt. Doch das kostete reichlich Marge, wurde von Aldi mit eigenen Preissenkungen pariert und vergrätzte obendrein Hersteller, die um das Preisimage ihrer Marken bangten.

Grenzenloser Expansionsdrang: Wo Lidl und Kaufland aktiv sind. Bild vergrößern
Grenzenloser Expansionsdrang: Wo Lidl und Kaufland aktiv sind (Filialzahl Ende 2017). (Für eine detaillierte Ansicht bitte auf das Foto klicken)

Nun setzt Lidl auf eine Art Guerilla-Taktik. Regelmäßig mussten Aldi-Manager zuletzt beobachten, dass die Preise ihrer Markenartikel von Lidl und Kaufland gezielt unterboten wurden, wenn auch nur mit zeitlich befristeten Sonderangeboten. Die Attacken zielen damit auf den Markenkern des Konkurrenten.

Der soll inzwischen bereits auf Vergeltung drängen und erwägt einen „Paradigmenwechsel in der Angebotspolitik“, berichtete jüngst das Fachblatt „Lebensmittel Zeitung“. Aldi könnte demnach ähnlich wie Lidl Sonderangebote einführen. Bislang nutzt Aldi das Instrument nur sporadisch, um neue Artikel zu testen, und verspricht ansonsten Dauertiefpreise. Ändert Aldi nun die Strategie und weitet das Aktionsgeschäft aus, dürfte das Preisgeplänkel mit Lidl schnell zur margenvernichtenden Schlacht eskalieren.

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