Strenger Scheitel, stechender Blick, pralle Lippen: Ipek Demirtas passt nicht so recht ins Raster der Finanzzunft. Auch ihre Vita weicht ab vom üblichen Klischee: Kindheit in einem anatolischen Bergdorf, Umzug nach Deutschland, Abitur auf dem zweiten Bildungsweg, Studium, erste Jobs, gefolgt von einer Blitzkarriere beim Küchenhersteller Alno. Ihre Hobbys: Romane schreiben („Wintermädchen“) – und bosnische Clans ärgern.
Noch ist offen, womit Demirtas auf Dauer mehr Erfolg haben wird. Denn der Gegner, mit dem sich Alnos Ex-Finanzchefin in diesen Tagen anlegt, ist nicht besonders zimperlich. Die Hastors, wie die bosnische Familie heißt, haben schon die Autoindustrie mit ihrem Zulieferer Prevent vor sich hergetrieben.
Im Herbst 2016 übernahmen sie auch das Kommando bei Alno im schwäbischen Pfullendorf. Seit das Unternehmen vor wenigen Wochen Insolvenz anmeldete, tobt eine Küchenschlacht der ungewöhnlichen Art, mit noch ungewöhnlicheren Wendungen. Die von den Hastors geschasste Managerin und der Ex-Chef wollen die Macht beim Küchenhersteller und die einst profitable Tochter Pino am liebsten zurückkaufen.
Umsatz der deutschen Küchenindustrie in den Jahren 2008 bis 2016
4.135,07 Millionen Euro
Quelle: Statistisches Bundesamt/ Statista 2017
3.833,7 Millionen Euro
3.928,01 Millionen Euro
4.125,5 Millionen Euro
4.278,02 Millionen Euro
4.244,56 Millionen Euro
4.389,19 Millionen Euro
4.632,43 Millionen Euro
4.896,02 Millionen Euro
Dabei waren sich die nun verfeindeten Parteien anfangs innigst zugetan: Mit dem Einstieg der Hastors schien das Unternehmen, das seit mehr als 20 Jahren in einer Dauermisere steckt, eine neue Chance zu bekommen. Die Familie gab frisches Kapital.
Obwohl die Hastors nur einen Minderheitsanteil übernahmen, dominierten sie bald das Unternehmen. Von sechs Aufsichtsratssitzen auf der Kapitalseite wurden fünf aus dem Lager der Familie besetzt. Mitarbeiter von Alno behaupten, dass sie kaum noch einen Schritt hätten unternehmen können, ohne sich mit Managern von Prevent abzustimmen. „Es erschien uns fraglich, dass Prevent so tief ins Tagesgeschäft eingreifen darf“, sagt eine ehemalige Führungskraft. Ein Sprecher der Hastors streitet jegliche Verquickung als „völlig unzutreffend“ ab. Exmanager versuchten offenbar, eigene schwere Fehler zu vertuschen.
Mittlerweile wurde die Alno-Tochter Pino an eine Firma der Hastors verpfändet. Das geht aus einem Mailverkehr hervor. Ein Sprecher der Hastors kommentierte dies nicht. Insidern zufolge wurden auch die Küchentöchter Wellmann und Alno international an die Familie verpfändet. Ein Sprecher der Hastors sagte hierzu, die Alno AG habe einer Gesellschaft der Hastors „marktübliche Sicherheiten für ausgezahlte Darlehen gewährt“.