Die Mannheimer Milliardärsfamilie Reimann sammelt über ihre Beteiligungsgesellschaft JAB derzeit Geld bei Investoren für weitere Übernahmen. „Unsere Transaktionen werden immer größer, wir brauchen mehr Geld“, sagte JAB-Chef Bart Becht dem „Handelsblatt“. Dabei wolle die Holding künftig stärker mit fremden Mitteln arbeiten. An den von JAB aufgelegten Fonds seien unter anderem Staatsfonds und vermögende europäische Familien beteiligt. Interessant seien für JAB Akquisitionen im Kaffee- und Tee-Geschäft sowie bei Kosmetika.
In den vergangenen Jahren hatte die JAB Holding Milliardensummen in Zukäufe gesteckt, unter anderem in die Kaffeekonzerne D.E. Master Blenders, Peet's Coffee und Keurig Green Mountain sowie die US-Bäckereikette Panera Bread.
Seit 2015 ist JAB der weltgrößte Kaffee-Konzern, zu ihm gehören unter anderem die Marken Jacobs, Senseo und Tassimo. Die Holding ist außerdem größter Aktionär des US-Kosmetikriesen Coty mit seiner Shampoo-Marke Wella. Grundstein des Vermögens der nach Berechnungen des „Manager Magazins“ reichsten Familie Deutschlands ist der Sagrotan-Anbieter Reckitt Benckiser.
Die Geschichte von Reimann
Johann Adam Benckiser gründet die Reimann-Keimzelle Benckiser in Pforzheim als Chemieunternehmen. 1828 kommt Ludwig Reimann als Manager zum Unternehmen und heiratet die Tochter Benckisers. Das Unternehmen feiert Erfolge mit einem Reinigungsmittel auf Basis von Zitronensäure.
Nach dem Tod Benckisers wird Reimann alleiniger Inhaber. 1858 zieht das Unternehmen nach Ludwigshafen um.
Ur-Ur-Enkel Albert Reimann kommt mit 25 in das Unternehmen.
Albert Reimann wird Alleininhaber, erweitert die Palette um Konsumgüter, und kauft Marken wie Kukident (1962) oder Calgonit für Spülmaschinen (1964)
Reimann holt Familienfremde in die Unternehmensführung. Martin Gruber wird erst Einkaufschef und 1978 CEO.
Peter Harf kommt ins Unternehmen.
Albert Reimann stirbt und hinterlässt jedem der fünf eigenen Adoptivkinder und den vier Kindern seiner Schwester Else Dubbers jeweils ein Neuntel.
Harf wird Benckiser-Chef – startet eine Zukauf-Party wie Reinigungsmittelhersteller Panigal und Mira Lanza
Kauf des Parfümherstellers Coty von Pfizer für 440 Mio.
Die fünf Adoptivkinder Reimann zahlen die vier Kinder von Else Dubbers aus.
Spaltung des Unternehmens in Benckiser und Coty, Börsengang von Benckiser in Amsterdam
Fusion mit Reckitt & Colman zu Reckitt Benckiser, die in den britischen Top-Index FTSE 100 aufsteigen. Harf rückt in den Verwaltungsrat, Bart Becht wird CEO.
Andrea Reimann-Ciardelli wird ausbezahlt mit 60 Mio. Aktien in Reckitt (Wert: knapp 1 Mrd. Dollar)
JAB Holding zieht nach Wien
Gründung Labelux Holding für Luxusmarken wie Bally und Belstaff
Kauf Opi (Nagelpflege) (1 Mrd. Dollar ) und TJoy in China (400 Mio. Dollar).
Kauf Jimmy Choo (Preis mehr als <1Mrd) durch Labelux, Harf engagiert Becht nach dessen Ausscheiden bei Reckitt Benckiser als Coty-Chairman
Avon-Übernahme (10 Mrd.) scheitert, Kauf Peet’s (1Mrd.) und Caribou (346 Mio.), Harf gründet die JAB-Holding und Becht und den Franzosen Olivier Goudet als Partner in die Führung
Kauf DE Master Blender von Sara Lee für 7,7 Mrd. $ (Hauptmarke: Senseo)
Kauf Kaffeesparte von Mondolez (Marken: Jacobs, Tassimo…)
Becht sagte der Zeitung, das Vermögen der Industriellenfamilie werde in Medienberichten mit 33 Milliarden Euro deutlich überschätzt. Die vier Erben des 1984 verstorbenen Unternehmers Albert Reimann hätten ihr Vermögen fast vollständig in der JAB Holding. „Das Eigenkapital der JAB liegt tatsächlich bei 18 Milliarden Euro.“
Die Beteiligung an dem Reinigungsmittel-Hersteller werde JAB sukzessive reduzieren, sagte Becht weiter. „Bei Reckitt Benckiser verkaufen wir immer mal kleine Aktien-Pakete – auch weil wir glauben, dass Coty weitaus interessanter ist.“ Nach Reuters-Daten hält JAB aktuell knapp sechs Prozent an Reckitt. Allerdings gebe es bei Coty nach dem Kauf von 43 Marken von Procter & Gamble, darunter Wella, vor zwei Jahren noch „Optimierungsbedarf“. „Wir haben immer gesagt: Das ist ein Fünf-Jahres-Turnaround. Das liegt an der hohen Zahl der neuen Produkte.“