Werner knallhart

Erkennen Sie Ihr Lieblingsbier wirklich am Geschmack?

Ladenhüter-Biermarken werden zu Verkaufsschlagern. Wegen cleverer Vermarktung. Am Geschmack kann es nicht liegen. Dazu schmecken Deutschlands Biere einfach zu ähnlich.

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Psyche den Geschmackssinn: Deutschlands Biere schmecken einfach zu ähnlich. Quelle: dpa

Unser Geschmackssinn ist so leicht zu überlisten, es ist schier peinlich. Ich kenne keinen Menschen, der in meiner Kindheit nicht mit mir einer Meinung war: Die grünen Gummibärchen schmecken nach Apfel. Weil das ja gar nicht anders sein konnte. Wonach sollten sie denn sonst schmecken? Nach Erdbeere etwa?

Nun, sie schmeckten nach Erdbeer. Apfel gab es gar nicht.

Dann hat Haribo vor knapp einem Jahrzehnt die Geschmäcker seiner Gummibärchen den Farben neu zugeteilt. Es stand sonst offenbar zu befürchten, dass die Verbraucher vor Verzweiflung durchdrehen. Seit 2007 schmeckt das grüne Gummibärchen nicht mehr nach Erdbeere, sondern nach Apfel. Himbeere ist seit jeher dunkelrot. Erdbeere ist jetzt hellrot. Damit einem das Auge beim Schmecken helfen kann.

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Verbrauchertests haben längst bewiesen: Sagt man einem Probanden mit verbundenen Augen: „Mund auf, jetzt kommt ein Löffel Kirschsaft“, dann schmeckt ein Großteil der Leute Kirsche, obwohl es in Wirklichkeit Himbeer-Saft war. Wir trauen eher gesprochenem Wort als unserer eigenen Zunge. So schlecht trainiert sind wir.

Und so kommt es, dass selbst Winzer bei Weinproben ihren eigenen Tropfen geschmacklich nicht von anderen unterscheiden können und geschulte Sommeliers sich bei Blindverkostungs-Wettbewerben blamieren. Wir trinken eben nie, bevor wir hingucken.

Und wenn doch mal, dann meist zum großen Vergnügen der Kumpels drum herum, wenn das Opfer in der Mitte mit verbundenen Augen ein Kölsch nicht vom Pils unterscheiden kann und ein alkoholfreies Weizen nicht von einem mit Alkohol.

Schnell! Mal eben aus der Hüfte: Wie unterscheidet sich Ihrer Meinung nach der Geschmack von Radeberger von dem von Bitburger, Krombacher oder König Pilsener? Na?

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Weil die Konsumenten bei Bier kaum Unterschiede im Geschmack feststellen, verlassen sich die meisten wieder auf das gesprochene Wort und auf das, was sie sehen - sprich auf die Werbung.

Nennen Sie mir aber eine Biermarke, die in ihrer Werbung den Geschmack ihres Biers erklärt. Jever vielleicht. Friesisch herb. Da passt das nördliche unrasierte Image zum Geschmack. Aber sonst? Felsquellwasser, Siegelhopfen, all dies kann doch kaum einer rausschmecken. Der SWR hat einst einen Geschmackstest unter Marketing-Studenten gemacht. Bierprobe aus neutralen Gläsern. Das Ergebnis: Tatsächlich schmeckten fast alle Teilnehmer Unterschiede. Allerdings war in allen Gläsern das Gleiche. Psyche schlägt Geschmackssinn.

Also bleibt den Brauereien gar nichts anderes übrig, als die Kunden mit Lifestyle-Versprechen zum Zugreifen zu bewegen. Das Kalkül: Solange der Geschmack unseres Biers im Vergleich zum Rest des Marktes nicht auffällig nach unten wegsackt, so dass der Kunde nach dem ersten Schluck mit verzerrten Gesicht absetzt, solange zählt im Wesentlichen das Drumherum.

Das kann man sich wunderbar an der Marke Holsten angucken. Die eiern da schon eine ganze Weile von einem Werbespruch zum nächsten und versuchen, eine Positionierung zu finden, die Kunden lockt. Kaum eine Biersorte bekommt so häufig neue Claims.

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