Autoproduktion in Marokko Aus der Wüste geschickt

Nordafrika wird für Europas Autobauer zum wichtigen Produktionsstandort. Dank niedriger Löhne und freiem Handel steigen die Exporte massiv. Besonders Marokko könnte zur Werkbank für das Billigauto werden.

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Renault zieht es nach Marokko. Quelle: dpa

Casablanca gilt vielen als Ort der Sehnsucht, seit Humphrey Bogart im gleichnamigen Hollywood-Film seiner Filmpartnerin Ingrid Bergmann tief in die Augen schaute. Im legendären Liebesfilm ist die Stadt im Westen Marokkos ein Ort, in dem die stranden, die auf ein besseres Leben hoffen. Heute sind es nicht die politischen Flüchtlinge, die vor den Irrungen des zweiten Weltkriegs fliehen, die nach Marokko kommen – es sind internationale Konzerne.

Das Land in Nordafrika hat sich in den vergangenen Jahren zu einem interessanten Standort für die Autobauer entwickelt. Besonders die Franzosen investieren massiv in ihrer ehemaligen Kolonie.

Der französische Autokonzern PSA baut in Kenitra, nördlich von Rabat, derzeit für umgerechnet 570 Millionen Euro ein Werk mit einer Kapazität von 200.000 Fahrzeugen, das 2019 eröffnet werden soll. Hier sollen die günstigen Modelle Citroen C-Elysée und der Peugeot 301 vom Band laufen. Ein „historischer Markt“ sei Marokko, sagt PSA-Chef Carlos Tavares, aber auch ein entscheidender Hebel für die Internationalisierung seines Konzerns.

Konkurrent Renault sieht das ähnlich. Eine Milliarde Euro haben die Franzosen zuletzt in ihre marokkanischen Werke investiert. Neben dem ersten Werk in Casablanca wurde 2012 ein weiteres in Tanger eröffnet, das direkt auf der anderen Seite der Meerenge von Gibraltar liegt. Hier können bis zu 340.000 Fahrzeuge im Jahr produziert werden.

Mit rund 8000 Mitarbeitern läuft die Produktion hier schon auf vollen Touren. Seit der Eröffnung im Jahr 2012 sind mittlerweile eine Million Fahrzeuge vom Band gelaufen. Die vier Modelle der Billigmarke Dacia, die in Marokko gebaut werden, liefert der Konzern in die ganze Welt, in bislang 73 Länder. Einer von zwei verkauften Dacias wird mittlerweile in Marokko gebaut. Das Land wird mehr und mehr zur Heimat des Billigautos.

Verschifft werden die Fahrzeuge aus dem Hafen Tanger Med – einer Freihandelszone, die geschaffen wurde, um ausländische Unternehmen anzulocken, die für den Weltmarkt produzieren. Neben Dacia hat sich auch Nissan die Option gesichert, hier zu produzieren, macht davon aber derzeit noch keinen Gebrauch. Weil von hier aus zollfrei in die Europäische Union exportiert werden darf, liegt allein der Exportanteil des Werks in Tanger bei 95 Prozent.

Denn bislang ist der marokkanische Markt für Neuwagen noch vergleichsweise klein. Obwohl das Land mit 35 Millionen Einwohnern fast halb so groß ist wie Deutschland, wurden 2016 gerade einmal 147.000 Neuwagen verkauft. Zum Vergleich: In Deutschland waren es im gleichen Zeitraum 3,35 Millionen. Immer noch dominieren importierte Gebrauchtwagen aus Europa die Straßen. Doch das Potential für Neuwagen wächst.

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