Bayer Die Monsanto-Übernahme ist gefährlich für Bayers Image

Bayer bastelt mit der Monsanto-Übernahme an einer Welt-AG. Was Ökonomisch Sinn ergeben mag, kann beim Image zum Bumerang werden. PR-Experte Uwe Kohrs über die Risiken des Deals.

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Bayer-Chef Werner Baumann und Monsanto-CEO Hugh Grant. Quelle: dpa


WirtschaftsWoche Online: Herr Kohrs, wie beurteilen Sie das heutige Image von Bayer verglichen mit anderen Konzernen?
Uwe Kohrs: Schwierig. Im Frühjahr, zur Hauptversammlung und zum Monsanto-Day werden sicher viele Interessengruppen gegen Monsanto öffentlichkeitswirksam demonstrieren.

Muss Bayer um sein Image fürchten nach der Monsanto-Übernahme?
Bayer hat viel zu verlieren: Der Konzern hat als deutsche Industrie-Ikone eine bedeutende Stellung im Dax, er ist ein Rückgrat der Wirtschaft. Er steht für Innovation und Aspirin, für ein Kompetenzfeld im Pharmabereich, der zur deutschen Ökonomie dazugehört. Bayer war idealtypisch für den Erfolg Deutschlands in der Welt, Deutschland wird für Konzerne wie Bayer bewundert, die unheimlich stark sind auf der Produktebene, als Arbeitgeber und am Standort. Kurz, sie haben ein echt gutes Image.

GPRA-Präsident Uew Kohrs. Quelle: Presse

Und das sehen Sie massiv gefährdet durch den Zusammenschluss?
Auch wenn Bayer-Manager mit dieser Fusion etwas unternehmen, was ökonomisch durchaus Sinn hat, so ist das Problem dabei: Ist es gesellschaftlich akzeptabel? Können die Menschen das nachvollziehen? Bayer kann das Profil von Monsanto sicher gut einschätzen dank seiner vielen Berater, aber durch den Zusammenschluss entsteht eine Faktenlage, die sich nicht einschätzen lässt. Ich halte es für ein Zeichen der Zeit, dass viele Dinge ökonomisch viel Sinn haben, aber gesellschaftlich komplett aus dem Rahmen fallen. Die Gefahr ist, dass Monsanto wegen seines schlechten Images und mangelnder Akzeptanz zu einer echten Belastung für Bayer zumindest in Europa wird.

…und zwar?
Wenn normale Menschen abgehängt werden von Eliten, kommen sie sich veräppelt vor. Die Verbindung zwischen Ökonomie und Gesellschaft kommt im Kommunikationsverhalten immer öfter unter die Räder und führt zu Frustration.

Lässt sich der mögliche Imageschaden quantifizieren?
Nein, noch nicht. Aber wenn Bayer seinen Markenkern verwässert und wenn die Karawane einfach weiterzieht, kann es passieren, dass der Konzern mit seinem Geschäftsmodell plötzlich abgehängt wird. So wie es der Zigarettenindustrie erging: Philip Morris war ein Big Player, eine Werbeikone. Aber die Akzeptanz fürs Nichtrauchen hat sich so entwickelt, dass das traditionelle Geschäft weggebrochen, das Image gekippt ist. Deshalb sind Unternehmen wie VW oder Bayer gezwungen, sich zu verändern, denn sie brauchen gesellschaftliche Akzeptanz – auch im Unternehmen selbst. Und wenn hier eine Dissonanz entsteht, wird es schwer, ein gutes Image zu halten.

Obwohl Bayer ja selbst schon zu einer Branche mit Imageproblemen gehört.
Eins der großen Verdienste von Bayer ist, dass sie ihre positives Image immer geschützt, gepflegt und weiterentwickelt haben, obwohl sie aus der Pharma-Industrie kommen, die per se kein gutes Image hat. Denken Sie nur mal an die Zeiten, als es bei Hoechst rot regnete oder der Rhein dank Chemie fischfrei war. Aus diesen Umweltbedingungen hat sich Bayer über Jahre ein gutes Image aufgebaut. Auch, indem man einen Ausgleich mit den Bedürfnissen der Öffentlichkeit zum Beispiel in Sachen Umweltschutz gefunden hat.

Der Saatgutkonzern Monsanto

Als ich von dem Deal mit Monsanto erfuhr, war mein erster Gedanke: Sind die wahnsinnig? Muss man sich so was antun? Ökonomisch vernünftig, aber ob es gelingt, eine gesellschaftliche Akzeptanz aufzubauen, würde ich mit einem Fragezeichen versehen.

Was ist Ihre Prognose?
Bayer will jetzt World-Player sein, muss aber aufpassen: Wenn den Konzern dieser Deal seine unternehmerische Identität kostet, die ist eine wirklich deutsche, europäische ist, dann wird es ein anderes Unternehmen. Dann kann sich das positive Image, die Bindung zu diesem Namen deutlich verändern. Diese Welt-AG hat den Nachteil, zwar überall unterwegs zu sein, aber nirgendwo eine Basis zu haben, vor allem keine deutsche Werte-Basis. Dann kann der Made-in-Germany-Mythos flöten gehen, wenn man nicht das Ganze auf der kommunikativen Seite innen wie außen professionell managet. Das Beispiel Daimler-Chrysler ist hier für die Aktionäre teures Lehrbeispiel zur Komplexität des Konzepts Welt-AG gewesen.

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass Monsanto in Amerika längst nicht so kritisch gesehen wird wie in Europa, speziell in Deutschland und Frankreich?
Das ist trifft zwar heute noch zu, dass Monsanto in den USA nicht die Imageprobleme wie hier hat. Amerikaner finden häufig, dass wir uns anstellen mit unserem Umweltbewusstsein und übertreiben. Jede Gesellschaft hat ihr Wertesystem, wir Deutschen sind beispielsweise gerne pünktlich, diese Elemente prägen auch unsere Selbstwahrnehmung, unsere Einschätzung von Images und Imagefaktoren.

Aus Sicht der Amerikaner hat Bayer als deutsches Unternehmen eigentlich ein positives Image per se. Dass der Konzern so viel Geld in die Hand nimmt für eine US-Firma, sehen sie positiv. Aber Wertesysteme und Einstellungen verändern sich auch in den USA und das bleibt ein Risiko. Am Ende wird die kulturelle Frage das alles Entscheidende sein und dies zu managen ist hochkomplex. Daran scheitern viele ambitionierte Fusionen.

Würden Sie Bayer-Chef Werner Baumann empfehlen, den Namen Monsanto zu streichen?
Damit wäre es ja nicht getan, auch wenn es in Deutschland die Dinge sicher vereinfachen würde. Aber Monsanto wird immer Gegenstand von Aktivistengruppen bleiben und die würden für notwendige Transparenz sorgen. Die NGOs haben ja auch für die Beachtung des Falls Monsanto gesorgt und immerhin reden wir über Lebensmittel. Mineralöl tanken wir nur, aber das Thema Essen hat eine andere Qualität und da hört der Spaß auf. Jede Auseinandersetzung um Monsanto würde dann sofort auf die Dachmarke negativ einzahlen – und das sollte man sich gut überlegen, nachdem es in den vergangenen Jahren gelungen ist, so viel Imagestabilität für die Marke Bayer aufzubauen.

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