Man sieht der Boehringer-Ingelheim-Zentrale nicht an, dass gerade einer der größten Umbauten in der über 130-jährigen Unternehmensgeschichte stattfindet. Es gibt weder Baugerüst noch Absperrungen, der Brunnen vor dem Haupteingang plätschert ungerührt vor sich hin.
Auch im Inneren des Gebäudes gibt es kaum Veränderung. Es wirkt alles wie immer, als Konzernvorstand Hubertus von Baumbach und seine Finanzvorständin Simone von Menne auf dem Podium Platz nehmen. Sie präsentieren die Jahreszahlen des zweitgrößten deutschen Pharmakonzerns. 15,9 Milliarden Umsatz machte Boehringer Ingelheim 2016 mit seinen Medikamenten für Mensch und Tier, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis verbesserte sich um 29 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro.
Doch trotz der glänzenden Gebäudefassade, trotz der guten Geschäftsentwicklung: Boehringer befindet sich in einer schwierigen Lage. Die Branche sortiert sich neu, wird durchgerüttelt von Übernahmen und Fusionen. Für das forschungsintensive Geschäft wird Größe immer wichtiger. Wer sich nicht fokussiert, bleibt zurück. Gerade deutsche Konzerne könnten bald in der Weltrangliste abrutschen, prognostizieren Analysten.
Boehringer Ingelheim will nun gegensteuern - und baut dafür den Unternehmenskern im großen Stil um. „Inzwischen haben wir die Anzahl unserer Geschäftsfelder reduziert“, sagt Vorstandsvorsitzender Hubertus von Baumbach. Sowohl das Generika-Geschäft als auch das Geschäft mit der Selbstmedikation hat Boehringer abgestoßen. Der neue Eigentümer von Boehringers nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Mucosolvan heißt Sanofi. Boehringer hat das Geschäft gegen die Tiermedikamente der Franzosen eingetauscht. 11,4 Milliarden Euro ist dieser Deal wert.
Denn Boehringer will künftig nur noch auf drei statt fünf Säulen bauen: auf die Pharmasparte als wichtigster Teil, mit seinen Medikamenten gegen Atemwegserkrankungen, Krebs und Immunkrankheiten, auf die Biopharmazeutika und auf die Tiergesundheit.