Vor 50 Jahren startete das Überschallverkehrsflugzeug Concorde im französischen Toulouse zu seinem Jungfernflug. Zwar steht der von Frankreich und Großbritannien gemeinsam produzierte Flieger nach einem Absturz und mehreren Sicherheitsmängeln seit fast 16 Jahren am Boden, doch dank ihres schlanken Designs und der Höchstgeschwindigkeit von bis zu 2400 Stundenkilometern gilt die Maschine mit den charakteristischen Pfeilflügeln noch immer als Königin der Lüfte. Und vom eleganten Bordservice schwärmen Vielflieger noch heute. Vor 23 Jahren war WirtschaftsWoche-Redakteur Rüdiger Kiani-Kress mit an Bord:
Der Mann im grauen Anzug ist vor Stress schon halb durchgeschwitzt. „20 Minuten Verspätung! Wie soll ich meine Maschine kriegen?“
Als der Bus am Gate D 54 des Pariser Flughafens Charles de Gaulle anlegt, stürzt er aus der Tür und rennt beinahe jemanden um: einen Mann in Air-France-Uniform mit dem Schild „AF 002 New York“ in der Hand. „Relax“, begrüßt der ihn, „ich bringe Sie hin.“
Die beiden gehen los. Eine Hintertreppe hinunter, in ein Auto. Sie kurven um die Terminals D und C, überholen einen Lkw, halten, steigen aus, gehen zu einer Gepäckkontrolle, die Treppe hoch zur Passkontrolle, dann zum Boarding-Schalter – nirgends eine Schlange.
„Kaum fünf Minuten“, staunt der Gehetzte. „Für unsere besten Kunden tun wir eben alles“, lächelt der Air-France-Mann: „Et voilà“. Da steht sie. Die Concorde, die einzige Überschallverkehrsmaschine der Welt.
Die Geschichte der Concorde
In Toulouse hebt der erste Concorde-Prototyp zum Erstflug ab.
Die Concorde durchbricht erstmals die Schallgrenze (Mach 1). Am 4. November 1970 erreicht die Maschine Mach 2 und hält die Geschwindigkeit mehr als 50 Minuten
Erstmals brechen zwei Concorde-Maschinen zu regulären Passagierflügen auf.
Kurz nach dem Start vom Pariser Flughafen Charles de Gaulle stürzt der Air-France-Flug 4590 ab. Alle 109 Menschen an Bord sterben, genauso wie vier Personen am Boden. Schuld am Concorde-Unglück waren Flugzeugteile auf der Startbahn.
Nach dem Absturz erlauben die französischen und britischen Luftfahrtbehörden keine weiteren Flüge der Concorde. Erst im November 2001 starten Maschinen des Typs wieder zu kommerziellen Flügen.
Trotz Wiederaufnahme der Flüge ist die Ära der Concorde vorbei. Im Oktober 2003 hob eine Maschine zum letzten kommerziellen Flug für Britisch Airways ab. Am 26. November startete die Concorde zu ihrem letzten Flug. Landeplatz: Das Luftfahrt-Museum im englischen Filton.
Auch 20 Jahre nach ihrem ersten Linienflug ist sie noch immer die faszinierendste Art zu fliegen. So faszinierend, dass manche Leute dafür sogar ein Vermögen investieren. Als im vorigen Sommer ein arabischer Scheich die Maschine verpasste, charterte er kurzentschlossen die Ersatzconcorde, was erfahrungsgemäß bis zu 72.000 Mark (heute 36.000 Euro (Anm. d. Red.)) pro Flugstunde kostet. Drei Stunden später war er in der Luft.
Im Alltag bewährt sich der Vogel vor allem als Zeitmaschine: Start ist in Paris um elf Uhr mitteleuropäischer Zeit, Landung gegen halb neun New Yorker Zeit. „Wer dann noch einen eigenen Wagen bestellt“, so Gerard Blanchard, Chefsteward der Air-France-Concorde, „kann sich vor einer Sitzung um zehn noch mal frisch machen.“
Kein Wunder, dass Großindustrielle den Firmenjet stehen lassen, oder – wie Fiat-Präsident Giovanni Agnelli – direkt am Überschallflugzeug parken.
Dabei lässt er sich einiges entgehen. Denn nach einem blitzschnellen Check-in wartet eine Lounge der Superlative: moderne Ledersessel, Kaviar, Champagner, bester Wein und eine Bar, die alle Wünsche erfüllt. Dazu ein riesiges Zeitungsangebot von Tages- und Wochenzeitungen bis zu „Wine Spectator“ und „Cigar Aficionado“.
Und das alles direkt am Flugzeug. Selbst im riesigen John-F.-Kennedy- Flughafen in New York sind es vom Taxi über die Lounge bis zum Flugsessel bestenfalls 200 Schritte. Damit auch die nicht zuviel Mühe machen, bringt das Personal Mäntel und Handgepäck vom Warteraum in die Maschine.
Vor 20 Jahren, am 21. Januar 1976, starteten Air France und British Airways die ersten Linienflüge: die Franzosen von Paris über Dakar nach Rio, die Briten von London nach Bahrain. Es folgten Singapur, Caracas, Washington, Dallas und Mexico City, die alle – mangels Auslastung – wieder eingestellt wurden. Heute verbinden die Maschinen, von denen Air France und British Airways je sieben besitzen, nur noch Paris und London mit New York.
Und begeistern jedes Jahr 150.000 Passagiere. „Nichts dokumentiert so sicher den eigenen Status wie die Concorde-Bordkarte“, sagt der Vorstand eines französischen Pharmaunternehmens auf Platz 5B.
Das gilt auch für die Mitarbeiter der Fluggesellschaften. „Es war von klein auf mein Wunsch, die Concorde zu steuern“, sagt Barbara Harmer, einzige weibliche Überschallpilotin, angestellt bei British Airways. Die Faszination ist so groß, dass einige Copiloten sogar die Beförderung zum Kapitän auf einer kleineren Maschine ausschlagen, nur um weiter Überschall zu fliegen. Ähnlich begeistert sind die Flugbegleiter.
Das merken die Passagiere. Über Stammgäste führt Chefsteward Blanchard eine Datei. „Damit können wir sie schon in der Lounge mit ihrem Lieblingswhisky überraschen“, verspricht er.
Einziges Hindernis für ein perfektes Produkt ist das Flugzeug selbst.