Digitalisierung der Baubranche "Die Physik ändert sich nicht, aber alles wird schneller"

Bald beginnt die Immobilienmesse Expo Real. Dort geht es diesmal vor allem um Smart Cities, 3D-Planung und digitale Geschäftsmodelle. Die Traditionsbranche wandelt sich - und mit ihr das Bild des Bauingenieurs.

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Digitalisierung wird den Beruf des Ingenieurs verändern. Quelle: Getty Images

In München steht die Immobilienmesse Expo Real vor der Tür. Die diesjährigen Trendthemen auf Europas größter Immobilienmesse könnten aber genauso gut auf der Agenda eines Tech-Start-ups stehen: In München wird sich nämlich drei Tage lang alles um Investments, Future of Mobility - Smart Cities, die makroökonomische Entwicklung sowie um Innovation, Digitalisierung und Proptechs drehen. Denn die Immobilien- beziehungsweise Baubranche steht vor den gleichen Herausforderungen wie andere Branchen: Steine, Mörtel und Glas müssen digital werden.

"Das bedeutet, dass sich die Geschäftsverhältnisse innerhalb der Bauindustrie verändern: Designer und Planer werden direkt mit Baustoffherstellern in Kontakt treten", erklärt Kai-Stefan Schober, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger. "Händler sollten ihre Geschäftsmodelle überdenken und sich zum Beispiel als Anbieter modularer Baukästen für ganzheitliche Baustofflösungen auf dem Markt etablieren", sagt er. Schobers Arbeitgeber hat kürzlich Experten aus der europäischen Bauindustrie zu den Veränderungen und Herausforderungen ihrer Branche befragt. Die Ergebnisse sind in der Studie "Turning point for the construction industry - The disruptive impact of Building Information Modeling (BIM)" nachzulesen. 

BIM, laut Roland Berger das disruptive Element der Baubranche, ist eine datenbasierte Methode, mit der sich der Lebenszyklus eines Gebäudes von der ersten Idee bis zum Abriss über digital darstellen lässt.

BIM: mehr Effizienz bei der Bauplanung

Die Grundlage von BIM ist ein 3D-Computermodell, das mit zusätzlichen Informationen wie Zeit, Kosten oder Nutzung angereichert werden kann. "Es wird also erst einmal virtuell gebaut, bevor mit der realen Bauausführung begonnen wird", erklärt Ralf Bürger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Doka, einem Anbieter und Hersteller von verschiedenen Schalungen und Baugerüsten. Durch dieses digitale Durchspielen in 3D lassen sich mögliche Probleme erkennen, bevor der erste Spatenstich gemacht wurde. Das spare nicht nur Geld und Zeit, wie Bürger sagt.

BIM verbessere auch die Zusammenarbeit sämtlicher Akteure - vom Architekten bis zum Maurer. "Auf die Dateien können alle Beteiligten – Architekten, Ingenieure, Bauunternehmen – zugreifen, so dass alle Änderungen am Modell oder den Daten für jeden direkt sichtbar und zur weiteren Bearbeitung verfügbar sind."

Die Digitalisierung der Baubranche sei aber weit mehr als 3 oder 5D-Modelle von Gebäuden, die och gar nicht existieren. "Sie spielt auch in der Beschaffung, bei der Baustellenlogistik, der Vernetzung von Baumaschinen oder auch der Kommunikation mit dem Kunden eine wichtige Rolle, so Bürger. Und anders als BIM und andere Technologien beträfe das nicht nur die großen Konzerne, sondern auch mittelständische und kleine Betriebe. "Digitalisierung ist ja kein Selbstzweck, sondern soll der Branche zu mehr Wirtschaftlichkeit verhelfen - großen wie kleinen Unternehmen", sagt er.

Bei Doka hat die Digitalisierung dementsprechend ganz verschiedene Ausprägungen: vom Online-Shop, über die Ingenieure, die mit BIM arbeiten, anstatt mit Blaupausen bis zur Übernahme von Technologiekonzernen, die dem Schalungstechniker fehlendes Fachwissen liefern sollen. So hat die Doka Group 2016 das Unternehmen B|A|S übernommen, das sich seit fast 40 Jahren mit der Forschung und Entwicklung von Prozessen und Materialen der Bauwirtschaft beschäftigt, um deren Produktivität zu erhöhen. "Die Forscher der B|A|S haben beispielsweise Sensoren entwickelt, über deren Daten man die Temperatur und Festigkeit von Beton beim Aushärtungsprozess überwachen kann.

So kann die Bauleitung etwa den idealen Zeitpunkt zum Ausschalen der betonierten Bauabschnitte ermitteln und mit dem nächsten Abschnitt anfangen – das klingt jetzt banal, tatsächlich ist das aber ganz essentiell, um schneller und zugleich sicher zu betonieren. Was am Ende wieder mehr Wirtschaftlichkeit bedeutet", sagt Bürger.

Hinzu komme, dass derzeit rund 30 Prozent der Baukosten durch Ineffizienz, Fehler oder Kommunikationsmängel entstehen. 

"Mit den Möglichkeiten der Digitalisierung kann man diese Quote drastisch reduzieren", ist Bürger überzeugt. So können beispielsweise seine Mitarbeiter in Deutschland ihren Bildschirm über virtuelle Kommunikationstools mit Kollegen in Kanada teilen, um so gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. 

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