Technische Mängel, bürokratische Scherereien und jahrelange Verzögerungen durch eine zu ambitionierte Technologie: Der A400M gilt als Musterbeispiel für die Problemprojekte der Bundeswehr. Nun setzt Pechvogel endlich zur Landung in Deutschland an.
Nach mehrjähriger Verspätung soll die Bundeswehr im Dezember ihren ersten Airbus-Militärtransporter erhalten. Im niedersächsischen Wunstorf soll die Premieren-Maschine zunächst offiziell in Dienst gestellt werden, bevor die mehrmonatige Einsatzprüfung beginnt.
Technische Daten zum A400M
45,1 Meter
42,4 Meter
14,7 Meter
76,5 Tonnen
37 Tonnen für 116 Passagiere oder 66 Krankenliegen oder ein gepanzertes Fahrzeug
50,5 Tonnen
780 Stundenkilometer
4500 Kilometer mit 30 Tonnen Zuladung oder 8700 Kilometer leer
Einem ARD-Bericht zufolge muss Airbus zwar vor der Übergabe des ersten Flugzeugs noch mehrere Hundert Nacharbeiten, wie die Beseitigung von Lackschäden oder die Neuverlegung von Kabeln, vornehmen.
Trotz der Mängel hält Bundesamt für Ausrüstung am bisherigen Zeitplan fest. „Wir sind auf gutem Wege“, sagte ein Sprecher. Und Airbus erklärt, die Arbeiten seien „im Bereich des Normalen“. Mit Blick auf die letzte Pannenserie bei der Bundeswehr klingt das vielversprechend.
Ist also endlich alles gut beim Pannenprojekt A400M? Nein, natürlich nicht. Während sich der Airbus-Konzern mit Deutschland und anderen EU-Ländern noch um die Verantwortung für die Kostenexplosion zofft, sucht der Flugzeughersteller händeringend nach weiteren Abnehmern. Die sind dringend nötig, um das Pannenprojekt noch zu einem finanziellen Erfolg zu machen.
Kostenexplosion beim Transportflieger
Das künftig modernste Flugzeug der deutschen Luftwaffe bereitete Airbus von Beginn an erhebliche Probleme. Erstmals 1982 angedacht und 2001 endgültig in Auftrag gegeben, sollte die erste A400M-Maschine schon 2009 in Dienst gestellt werden. Als Ablösung für die immerhin fast 50 Jahre alte C-160 Transall, mit der die Luftwaffe bei Auslandseinsätzen immer wieder geplante oder - wegen nötiger Reparaturen immer öfter - ungeplante Zwischenstopps einlegen musste.
Immer wieder verzögerte sich jedoch die Fertigstellung. Und mit der Zeit stiegen auch die Kosten. Inzwischen liegen die offiziell bei insgesamt 25 Milliarden Euro. Ursprünglich hatte Airbus einen Festpreis von 20 Milliarden für eine größere Stückzahl angeboten.
Die Kostenexplosion hatte Folgen für Deutschland: Rund acht Milliarden Euro sollten 60 bestellte A400M einst kosten. Trotz der Reduzierung der Liefermenge auf 53 Exemplare, überstiegen die Kosten für das Rüstungsprojekt die Planung wohl um rund 15 Prozent – mindestens.
Wer hat Schuld an der A400M-Misere
Im großen Prüfbericht zu den Rüstungsprojekten der Bundeswehr empfehlen die Experten der KMPG, Airbus zu Verantwortung zu ziehen. Sie raten zur „Einforderung von Kompensationsleistungen wegen des reduzierten Bauzustands bei bestehender Verpflichtung zur Nachbesserung des A400M.“
Das will der Flugzeughersteller freilich nicht auf sich sitzen lassen . „Den Schwarzen Peter nun allein bei uns abzuladen, wird der Sache nicht gerecht“, wetterte Airbus-Chef Thomas Enders zuletzt zurück. Schuld seien ebenso die Regierungen. An den 175 Flugzeugen für europäische Kunden werde Airbus außerdem keinen Cent verdienen. Lautstark zog Enders die Konsequenz: „So einen Vertrag wie bei A400M unterschreiben wir nie wieder.“ Sein Unternehmen habe bei der A400M gut vier Milliarden Euro draufzahlen.
Einsatzbereitschaft der Waffensysteme der Bundeswehr
Ein nicht unerheblicher Teil des Materials der Bundeswehr ist momentan nicht einsatzfähig. Es fehlt auch an Ersatzteilen. Besonders beim Fluggerät sind die Ausfälle gravierend. Das geht aus einem Bericht der Bundeswehr hervor.
Quellen: Bundeswehr/dpa
Bestand: 31
Nicht einsatzbereit: 21
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 10
Bestand: 33
Nicht einsatzbereit: 25
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 8
Bestand: 21
Nicht einsatzbereit: 6
In Wartung / Instandsetzung: 12
Einsatzbereit: 3
Bestand: 22
Nicht einsatzbereit: 4
In Wartung / Instandsetzung: 14
Einsatzbereit: 4
Bestand: 83
Nicht einsatzbereit: 40
In Wartung / Instandsetzung: 27
Einsatzbereit: 16
Bestand: 109
Nicht einsatzbereit: 35
In Wartung / Instandsetzung: 32
Einsatzbereit: 42
Bestand: 89
Nicht einsatzbereit: 23
In Wartung / Instandsetzung: 28
Einsatzbereit: 38
Bestand: 5
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 2
Bestand: 11
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 1
Einsatzbereit: 7
Bestand: 4
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 1
Bestand: 406
Nicht einsatzbereit: 126
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 280
Bestand: 180
Nicht einsatzbereit: 110
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 70
Nun können nur noch zusätzliche Exporte die A400M zum finanziellen Erfolg machen. Nach außen gibt sich Airbus zuversichtlich: „Wir sehen für die kommenden 30 Jahre einen Markt für 300 bis 400 Flugzeuge - zusätzlich zu den aktuell 174 im Auftragsbuch“, so ein Sprecher.
A400M soll Exportschlager werden
In Ländern wie Mexiko, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Kasachstan gab es bereits die ersten Demonstrationsflüge. Zu den möglichen Kunden gehören unter anderem auch die USA und Südafrika.
Doch die jahrelangen Scherereien um den A400M, haben bei den Interessenten Argwohn geweckt. Südafrika etwa galt ursprünglich als sicherer Käufer, orderte im Dezember 2004 acht Flieger - und bestellte sie später wieder ab. Auch weitere Aufträge aus Kanada und Chile verliefen bislang im Sand. Und Deutschland hat – wie andere Staaten auch – nicht seine Bestellung reduziert, sondern will auch 13 A400M direkt weiter verkaufen.
Dass der Stückpreis des Fliegers mittlerweile von 124,8 auf 175,3 Millionen Euro angestiegen ist, dürfte dem Absatz kaum förderlich sein.