Konzern in der Krise RWE braucht neuen Spitzenkontrolleur

RWE sucht schon lange einen neuen Aufsichtsratschef. Jetzt rückt das Ausscheiden des Vorgängers näher, RWE steckt dramatisch in der Krise - und noch immer gibt es keine Lösung.

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RWE braucht bei ihrem geplanten Konzernumbau in den nächsten Jahren dringend eine klare Führung - doch der Aufsichtsratsvorsitz ist nur noch auf Abruf besetzt. Quelle: dpa

Essen Abgestürzte Gewinne, schmerzhafter Stellenabbau und gewaltsame Bürgerproteste vor Braunkohlebaggern - der einst so stolze RWE-Konzern wankt wie lange nicht mehr. Die Essener brauchen bei ihrem geplanten Konzernumbau in den nächsten Jahren dringend eine klare Führung - doch der Aufsichtsratsvorsitz, die wichtigste Spitzenposition im Konzern neben Vorstandschef Peter Terium, ist nur noch auf Abruf besetzt.

Der langjährige Chefkontrolleur Manfred Schneider (76) hat schon lange angekündigt, im Frühjahr 2016 aus Altersgründen auszuscheiden. Aber die Suche nach einem Nachfolger verlief bisher alles andere als reibungslos: Deutsche-Bank-Kontrolleur Paul Achleitner, Ex-Linde-Chef Wolfgang Reitzle, Ex-BDI-Präsident Hans-Peter Keitel - sie alle gaben Schneider dem Vernehmen nach einen Korb. Sogar Headhunter sollen ergebnislos nach Kandidaten für den Job gesucht haben, der immerhin mit 300 000 Euro im Jahr plus Spesen dotiert ist.

Jetzt gilt der Ex-SAP-Finanzvorstand Werner Brandt (61), der bereits einfaches RWE-Aufsichtsratsmitglied ist, als Favorit. Doch entschieden ist die Sache noch lange nicht. Die einflussreichen Kommunen - mit knapp einem Viertel der Anteile RWE-Hauptaktionär - wollen laut Konzernkreisen den früheren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, Chef der RAG-Stiftung, als Aufsichtsratsvorsitzenden.

Müller, der mit der milliardenschweren Steinkohlestiftung einen Lebenstraum erreicht hat, würde für ein weiteres Engagement bei RWE sicher nicht in eine Kampfabstimmung gehen, heißt es. Doch wenn der RWE-Aufsichtsrat kräftig genug werben würde und es eine klare Mehrheit für Müller gäbe, nähme er die Aufgabe vielleicht an.

Müller ist ein Spezialist für große Lösungen in schwieriger Lage und hat weiter beste Kontakte zur Politik. Die sozialverträgliche Abwicklung der deutschen Steinkohle mit Zehntausenden Jobs über eine Stiftungslösung und praktisch ohne Proteste gilt als eine seiner Leistungen.

Allerdings haben die Kommunen, die Müller wollen, im Aufsichtsrat gerade einmal 4 von 20 Sitzen. Und auch Brandt ist ein hervorragender Kandidat, wie ein langjähriger Wegbegleiter sagt. Als analytisch, ruhig und gelassen wird er geschildert - ein Mann mit Einfühlungsvermögen, der sehr unterschiedliche Interessen zusammenführen kann. Das dürfte bei RWE in den nächsten Jahren dringend gebraucht werden. Anders als Müller, der von außen käme, hätte Brandt als Aufsichtsratsmitglied auch den nötigen Stallgeruch, heißt es.

Vom Tisch zu sein scheint die Spekulation, dass der hoch angesehene Aufsichtsratschef Schneider aus Mangel an mehrheitsfähigen Kandidaten das RWE-Kontrollgremium noch einige Jahre weiterführt. Der neue Mann soll schließlich den umfassenden Strukturwandel bei RWE zusammen mit Terium von Anfang bis Ende begleiten. Den langwierigen und kraftraubenden Job will dem bereits 76-jährigen Schneider niemand mehr zumuten. „Es braucht einen Neuen“, heißt es von einem Aktionärsvertreter - und das möglichst bald.

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