Stahlexporte Salzgitter zahlt weiter keine US-Strafzölle

Salzgitter-Chef Jörg Fuhrmann poltert gegen US-Präsident Trumps Handelspolitik. Die Strafzölle der Amerikaner will Fuhrmann auch weiterhin nicht zahlen. Doch diese Taktik birgt Gefahren.  

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Salzgitter Quelle: dpa

Jörg Fuhrmann, Chef des zweitgrößten deutschen Stahlkochers Salzgitter, legt bei seinen Auftritten Wert auf Gepflogenheit. Die Krawatte darf auch bei Tisch nicht fehlen und in Gesprächen zeigt er sich als Gentleman alter Schule. Doch in den letzten Monaten will es mit der Zurückhaltung nicht mehr so recht klappen. Der Grund ist US-Präsident Donald Trump und dessen „America First“-Parole.

Bereits Ende März verhängte die US-Administration Strafzölle gegen europäische Stahlkocher, darunter Salzgitter, Dillinger Hütte und den österreichischen Konzern Voestalpine. 22,9 Prozent soll Salzgitter seither für jede in die USA verschiffte Tonne Grobblech zahlen.

Der Vorwurf der Amerikaner: Die Stahlkocher sollen manche ihre Produkte unter Wert verkauft, also gedumpt haben. Bereits im April wies Fuhrmann diese Vorwürfe in der WirschaftsWoche als „absurd“ und „willkürlich“ zurück. Gegenüber der Zeitung „Die Welt“ legte er nun nach: „Fakten werden von den Amerikanern womöglich bewusst missinterpretiert“, sagte Fuhrmann und bat um Hilfe aus der Politik: „Wir erwarten, dass die einheimische Politik uns unterstützt.“

Rund 8,5 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet Salzgitter in den USA. Neben der Lieferung der Grobbleche produziert Salzgitter auch Großrohre und Getränke-Abfüllmaschinen in Amerika. Bislang beruhigte Fuhrmann seine Aktionäre und verwies darauf, dass die Produktion in den USA von den Strafzöllen nicht betroffen sei. Zudem betonte Salzgitter gegenüber der WirtschaftsWoche, nach wie vor keine Strafzölle zu zahlen. Weil die Zölle nicht rückwirkend greifen, liefert Salzgitter einfach kein Grobblech mehr in die USA. Doch diese Taktik könnte auch nach hinten losgehen.

So betonte Fuhrmann bereits in einem früheren Gespräch mit der WirtschaftsWoche, dass die Strafzölle Salzgitter nicht weiter treffen würden, weil der Markt für Grobbleche ohnehin schwach sei. Dass sich das aber auch wieder ändern kann, ist dem Vorstandschef durchaus bewusst: „Wenn sich der Markt beleben sollte und die Zölle bestünden dann immer noch, wäre dies schon unangenehmer für uns."

Genau diese Gefahr wird aber immer wahrscheinlicher. Weil Fracking, also die Gewinnung von Öl aus tiefen Gesteinsschichten, mittlerweile auch bei niedrigen Ölpreisen rentabel ist, könnte die Nachfrage nach Grobblechen wieder anziehen. So verarbeitet Salzgitter seine Grobbleche in den USA etwa zu Pipelines, die für das Fracking gebraucht werden.

Auch anderen Stahlunternehmen könnten durch die Strafzölle lukrative Geschäfte in den USA entgehen. So sind auch Grobbleche von Voestalpine von den Strafzöllen betroffen. „Voestalpine ist mit einer Menge von weniger als 20.000 Tonnen betroffen, demnach bewegen sich auch die zu erwartenden Strafzahlungen, gemessen am Konzernumsatz, in einer nicht erheblichen Größenordnung“, teilte der Konzern nach Verhängung der Strafzölle mit.

Auch wenn die deutschen Stahlkocher durch die US-Sanktionen derzeit keine wesentlichen Einbußen hinnehmen müssen, stößt der neue Kurs von Präsident Trump auf grundsätzliches Unbehagen der Unternehmer: „Es geht nicht darum, dass durch diesen Vorgang etwa die Existenz unseres Konzerns gefährdet wäre, sondern es geht schlicht um die Frage, wie wir miteinander umgehen. Das ist eine Grundsatzfrage, die die Politik nun klären muss", sagte Fuhrmann der WirtschaftsWoche nach der Verhängung der Strafzölle.

Ganz verloren wollen die sanktionieren Stahlunternehmen den US-Markt ohnehin nicht geben. So stellte die Voestalpine nach Verhängung der Sanktionen fest, dass es sich bei den sanktionieren Sorten „um Stahlqualitäten handelt, die teilweise in den USA nicht zu bekommen sind“. Sollte die Nachfrage nach Stahl in den USA steigen, könnte der Export deutsche Sorten sogar trotz der Strafzölle rentabel sein.

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