Streit um Winterkorn bei VW Droht Ferdinand Piëch jetzt die Palastrevolte?

Die große Mehrheit des Aufsichtsratspräsidiums bei VW hat sich hinter Vorstandschef Winterkorn gestellt. Dem Konzernpatriarchen Piëch droht die Isolation. So mancher Aufsichtsrat spricht angeblich schon von Entmachtung.

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Ferdinand Piëch ist (rechts) mit seiner Attacke gegen Martin Winterkorn erfolglos geblieben. Quelle: AFP

Düsseldorf Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch muss der „Bild am Sonntag“ zufolge nach dem verlorenen Machtkampf gegen den Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn nun selbst um sein Amt fürchten. „Die Mehrheit ist gegen Piëch“, zitiert die Zeitung einen Aufsichtsrat. Außer den zehn Arbeitnehmervertretern wollten auch die jeweils beiden Aufsichtsräte Niedersachsens und der Porsche-Familie den Patriarchen abwählen. Das seien 14 der insgesamt 20 Aufsichtsräte. „Man muss nach der Sitzung vom Donnerstag die Geschäftsfähigkeit des Vorsitzenden infrage stellen“, zitierte das Blatt ein Mitglied des Gremiums. Volkswagen, die Porsche SE in Stuttgart und Piëchs Büro in Salzburg wollten sich nicht dazu äußern.

Im Machtkampf mit Winterkorn hatte Piëch zuvor eine herbe Niederlage einstecken müssen. Winterkorn, dem Piëch das Vertrauen entzogen hatte, bleibt an der Spitze von Europas größtem Autobauer. Sein Vertrag soll sogar noch verlängert werden. Dafür hatten sich bei einer Krisensitzung in Salzburg nach Reuters-Informationen fünf von sechs Mitgliedern im Präsidium des Aufsichtsrats ausgesprochen und damit gegen Piëch gestellt.

Ein Putsch gegen Piëch wäre eine Revolution. Der 78-Jährige galt bislang als uneingeschränkter Herrscher bei Europas größtem Autobauer, der seine Widersacher stets aus dem Weg räumte. Doch diesmal könnte er zu weit gegangen sein. Denn Winterkorn setzte sich zur Wehr und mobilisierte seine Truppen, nachdem Piëch ihn öffentlich angegriffen hatte.

Auch die bei VW mächtigen Betriebsräte stehen hinter Winterkorn. Porsche-Betriebsratchef Uwe Hück bekannte sich zu VW-Boss Winterkorn: „Er ist ein Glücksfall für den Konzern und ein Garant dafür, dass die Arbeitsplätze sicher sind und die Gewinne weiterhin sprudeln“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Frontenkrieg

Auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete vom Frontenkrieg im Aufsichtsrat. Piëch hätte sich zunächst hartnäckig geweigert, Winterkorn im Amt zu belassen und einer entsprechenden Erklärung der übrigen fünf Mitglieder zuzustimmen. Die fünf anderen obersten Aufsichtsräte – Betriebsratschef Bernd Osterloh, Berthold Huber, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Wolfgang Porsche und Stephan Wolf – seien jedoch hart geblieben. Sie schlugen Piëch jedes Zugeständnis aus und waren dazu bereit, ihn notfalls zum Rücktritt aufzufordern.

Nach der Machtprobe äußerte sich Volkswagen-Vorstandschef Martin Winterkorn erstmals öffentlich. „Dieser Vertrauensbeweis ist Rückenwind auf unserem Weg, Volkswagen zum erfolgreichsten Automobilkonzern der Welt zu machen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende Bernd Osterloh äußerte sich pro Winterkorn. „Wir müssen in den nächsten Jahren gemeinsam mit ihm die neuen Strukturen schaffen, um damit die Grundlage dafür zu legen, dass sein Nachfolger genauso erfolgreich sein kann wie er“, sagte er der Branchenzeitung „Automobilwoche“.

Nach dem Machtkampf an der Spitze von Volkswagen hat Konzernchef Martin Winterkorn seinen Auftritt am Sonntag auf der internationalen Automesse in Schanghai abgesagt. Ein Sprecher begründete den Rückzug mit einer einer Grippeerkrankung des VW-Chefs. Ob Winterkorn am Abend auf der traditionellen „Volkswagen Group Night“ auch erscheinen und seine Rede halten wird, wollte zuvor schon VW-China-Vorstand Jochem Heizmann nicht bestätigen: „Das müssen wir jetzt mal schauen.“

Erst auf Nachfrage äußerte sich das China-Vorstandsmitglied zu der Kontroverse um den Konzernchef. Es sei ein Thema des Aufsichtsrats. „Natürlich wäre es falsch zu sagen, dass es keine Unruhe schafft und es „business as usual“ ist“, sagte Heizmann auf wiederholte Fragen. „Aber des Richtige und Nötige ist getan worden. Es gibt eine klare Aussage des Aufsichtsrates und ich denke, damit wird wieder Ruhe einkehren.“ Die Reaktion auf die Entscheidung, dass Winterkorn bleibe, sei in China „sehr euphorisch“ gewesen.

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