Ohne Hitze, Rauch und flüssiges Metall kann sich Wilhelm Segerath seinen Arbeitgeber nicht vorstellen. „Thyssenkrupp ohne Stahl ist wie ein Wohnzimmer ohne Sofa“, sagt der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats. Wer die Hand an die Keimzelle des Unternehmens lege, müsse mit Widerstand rechnen.
Heinrich Hiesinger beeindruckt das wenig. Der Thyssenkrupp-Chef treibt den Zusammenschluss der deutschen Stahlwerke mit denen des indischen Konkurrenten Tata Steel in den Niederlanden voran.
Der Stahlmarkt leidet unter Überkapazitäten, billige Importe aus China drücken die Preise. In seinen europäischen Stahlwerken fiel der Gewinn von Thyssenkrupp im Halbjahr um 40 Prozent auf 115 Millionen Euro, die brasilianischen Werke schreiben tiefrot. Sollte die Abspaltung des Stahls gelingen, wäre das für den mit knapp fünf Milliarden Euro verschuldeten Konzern aber nicht die Lösung aller Probleme. Auch das Geschäft mit Aufzügen und der U-Boot-Bau harren einer Lösung.
Mit 3,6 Milliarden Euro trugen Fahrstühle und Rolltreppen im ersten Halbjahr genauso viel zum Konzernumsatz bei wie die Stahlproduktion in Europa, der Gewinn nach Steuern und Abschreibungen legte um zwölf Prozent gegenüber Vorjahr zu.
Welche Kennzahlen ThyssenKrupp-Chef Hiesinger verbessern will
Zielgröße: Umsatzrendite (vor Zinsen und Steuern; Ebit)
aktuell*: 4,3 Prozent
Ziel: 6-8 Prozent
*Geschäftsjahr 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014
Zielgröße: Umsatzrendite (vor Zinsen und Steuern; Ebit)
aktuell*: 10,5 Prozent
Ziel: 15 Prozent
*Geschäftsjahr 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014
Zielgröße: Umsatz
aktuell*: 6 Mrd. Euro
Ziel: 8 Mrd. Euro
*Geschäftsjahr 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014
Zielgröße: Umsatzrendite (vor Zinsen und Steuern; Ebit)
aktuell*: 1,6 Prozent
Ziel: 3-4 Prozent
*Geschäftsjahr 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014
Zielgröße: Gewinn (vor Zinsen und Steuern; Ebit)
aktuell*: 200 Mio. Euro
Ziel: 500 Mio. Euro, Kosten einsparen
*Geschäftsjahr 1. Oktober 2013 bis 30. September 2014
Das Geschäft gilt als stabil und liquiditätsstark, es ist der zentrale Baustein von Hiesingers Zukunftskonzept. Problem: Hinter dem US-Hersteller Otis und Schindler aus der Schweiz rangiert Thyssenkrupp derzeit weltweit nur auf Platz drei. Während die beiden Marktführer eine Umsatzrendite von 15 Prozent schaffen, liegt der Essener Konzern nur bei elf. Eine Übernahme, in deren Folge Kostensynergien gehoben werden, könnte Thyssenkrupp gleich mehrere Etagen nach oben befördern.
Logischer Kandidat wäre die globale Nummer vier: Kone aus Finnland, die zuletzt mit Fahrstühlen und Automatiktüren jährlich 8,6 Milliarden Euro umsetzten. Ende 2015 hat Kone nach Informationen der WirtschaftsWoche in Essen angeklopft. Die Konzerne könnten ihr Aufzuggeschäft zusammenlegen, Kone sollte dabei die operative Führung übernehmen. Vorstand und Aufsichtsrat von Thyssenkrupp lehnten deshalb die Offerte ab. Sie wollen bei einer Fusion selbst das Sagen haben.