Toray fälscht Produktdaten Abgefahren

Kobe Steel war nur der Anfang. Die japanische Industrie wird derzeit von mehreren Skandalen erschüttert. Eine Tochter des japanischen Konzerns Toray soll Daten von Reifenteilen gefälscht haben – und verteidigt sich.

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Toray-Chef Akihiro Nikkaku entschuldigt sich auf einer Pressekonferenz für Manipulationen. Quelle: Reuters

Tokio Die Liste der japanischen Unternehmen, denen Schummeleien bei Produktdaten oder Endabnahmen nachgewiesen werden, wächst weiter. Nach Kobe Steel, Mitsubishi Materials, Nissan und Subaru gestand am Montag Toray, der führende Hersteller von Kohlefaserverbundwerkstoffen weitere Manipulationen ein. Demnach hat die Tochtergesellschaft Toray Hybrid Cord in 149 Fällen bei Teilen für Reifen und andere Produkte die Daten manipuliert, um die Anforderungen der Kunden zu erfüllen.

An der Börse in Tokio werden solche Meldungen derzeit besonders empfindlich aufgenommen. Torays Aktienkurs sackte in der Folge um satte 5,3 Prozent auf 1046 Yen ab. Denn die Aktionäre sind nicht nur durch die Tragweite des Skandals in Japan sensibilisiert, sondern auch die Bedeutung des Chemiekonzerns in vielen Industriezweigen und der Japan AG.

Dabei scheint Umfang des Schadens bislang gering. Nach Angaben des Unternehmens sind nur 13 Kunden, darunter ein nicht genannter südkoreanischer Reifenhersteller, betroffen. Außerdem beteuerte Toray, dass der Umfang der Datenfälschung nicht bedeutend gewesen und keine Gesetze verletzt worden seien. Das Unternehmen geht daher auch nicht davon aus, dass die Sicherheit gefährdet sei. Damit versucht der Hersteller, die Bedenken der Kundschaft zu zerstreuen.

Denn neben dem deutschen Autohersteller Mercedes kauft auch der Flugzeughersteller Boeing seine Verbundstoffe bei den Japanern ein. Auch in der Textilindustrie ist das Unternehmen mit Hightechfasern aktiv. Firmenchef Akihiro Nikkaku versuchte daher vorbeugend, mögliche Sorgen dieser Kunden zu lindern. „Ich glaube, dass bei unseren Produkten für große Kunden wie Boeing oder Fast Retailing keine Unregelmäßigkeiten gegeben hat“, sagte er auf einer Pressekonferenz.

Vor allem für Torays ehemaligen Chef Sadayuki Sakakibara ist der Skandal unangenehm. Der Spitzenmanager ist mittlerweile Vorsitzender des Unternehmensverbands Keidanren. Und nach Unternehmensangaben begannen die Schummeleien während seiner Amtszeit, in der er Toray verstärkt auf Profitabilität trimmte.


Intern waren die Probleme schon lange bekannt

Pikanterweise hatte Sakakibara noch am Montag den vorige Woche bekanntgeworden es gewordenen Skandal bei Mitsubishi Materials als „sehr enttäuschend“ bezeichnet. Denn die Serie von Geständnissen weckt in Japan die Sorge, dass der Ruf der Firmen als Qualitätshersteller angekratzt werden könnte.

Der aktuelle Toray-Chef Nikkaku nimmt seinen Vorgänger in Schutz. So will er Sakakibara erst kurzfristig von den Schummeleien im eigenen Haus informiert haben. Der Keidanren-Chef habe ihn daraufhin aufgefordert, ernsthaft mit dem Fall umzugehen.

Nikkaku steht unter Erklärungsdruck. Denn der Fall ist bereits im Juli 2016 bei internen Kontrollen aufgefallen. Im Oktober des Jahres wurde dann der Vorstand informiert. Nikkaku erklärte, dass es die Pflicht gewesen sei, zuerst die Kunden zu informieren, bevor man an die Öffentlichkeit gehe. Denn es habe keine Sicherheitsbedenken oder Gesetzesverstöße gegeben.

Aber Anfang November hatte eine Webseite Torays Tochtergesellschaft der Datenfälschung beschuldigt. Daraufhin hätten Kunden und Aktionäre das Unternehmen angesprochen. „Um die Situation klar zu stellen, haben wir entschieden, dass es das beste sei, an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagte Nikkaku.

Nikkaku schloss dennoch nicht aus, selbst zurückzutreten. Allerdings will er zuerst das Ergebnis einer konzernweiten Untersuchung durch ein Komitee von firmenfremden Experten abwarten. Der Abschlussbericht soll Ende des Jahres bei der Regierung eingereicht werden.

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