Umstrittene Wärmedämmung Londoner Brand setzt deutsche Hersteller unter Druck

Styroporisolierungen vergrößern bei Feuer die Gefahren. Ältere Dämmungen entsprechen nicht mehr den aktuellen Brandschutzansprüchen. Strengere Vorschriften müssen her.

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Brandkatastrophe am Grenfell Tower in London. Quelle: imago images

Eigentlich wollte der Industrieverband Hartschaum (IVH) zu dem Brand des Grenfell-Hochhauses in London, bei dem kürzlich mindestens 79 Menschen starben, schweigen. Eine Bewertung dieser Katastrophe solle „auf Basis konkreter Fakten erfolgen“. Doch mittlerweile wurde den Lobbyisten der Dämmstoffindustrie klar, dass sie sich nicht länger wegducken können, da „die öffentliche Diskussion in Deutschland über dieses Unglück in vollem Gange ist“.

Die Wärmedämmer stehen schon seit einiger Zeit in der Kritik. Mieter stöhnen unter den hohen Kosten, die der Trend zum Energiesparen auslöst und die sie tragen müssen. Förderprogramme wurden zurückgedreht. Der Brand in London schürt weitere Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Dämmwahns – da kann der deutsche Branchenverband IVH noch so oft beteuern, dass Dämmmaterialien in Deutschland ganz anders verbaut werden als bei dem Londoner Haus.

Hierzulande werden vor allem Materialien aus expandiertem Polystyrol – landläufig als Styropor bekannt – verwendet. An Häusern aller Größen wurden in Deutschland zwischen 1960 und 2012 bundesweit etwa 720 Millionen Quadratmeter dieser Wärmedämmsysteme verbaut – allerdings nicht immer auf dem neuesten Stand des Wissens. Und das ist das Problem.

Wenn der Putz bröckelt, wird es gefährlich

Der Baustoff ist als „schwer entflammbar“ eingestuft und wird unter anderem durch Putzschichten gegen direkte Flammen geschützt. Deshalb gilt er als sicher und ist für Wohn- und Geschäftshäuser bis 22 Meter Höhe zugelassen. Das führe jedoch „bei vielen zu einer völligen Fehleinschätzung der Sicherheitslage“, sagt Dirk Aschenbrenner.

Seine Stimme hat Gewicht. Er ist Chef der Dortmunder Berufsfeuerwehr und Präsident der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), in dem Vertreter aus Feuerwehren, Behörden und Unternehmen zusammengeschlossen sind.

Aschenbrenner warnt: „Nur weil sich die Dämmplatten weniger rasch entzünden als etwa Benzin, bringen sie doch – einmal in Brand – für Feuerwehren und Bewohner ein kaum mehr handhabbares Risiko mit sich.“

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