Chris Valentine „Mein Alptraum ist, das nächste Twitter oder Facebook zu verpassen“

Auf der Technologiemesse SXSW in Austin buhlen Start-ups aus der ganzen Welt um die Aufmerksamkeit von Kunden und Investoren. Chris Valentine gibt ihnen das Podium dafür.

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Zu Chris Valentines Kunden gehören die US-Raumfahrtbehörde NASA und der Medienkonzern Warner Brothers. Bekannt ist der Gründer und Chef des Veranstalters Adeo Interactive jedoch vor allem für seinen Start-up-Wettbewerb auf der Technologiemesse South by Southwest (SXSW) im texanischen Austin. Am kommenden Wochenende wetteifern insgesamt 50 Jungunternehmen in zehn Kategorien darum, von Kunden und Geldgebern entdeckt zu werden. In diesem Jahr ist als Finalist auch ein Start-up aus der deutschen Provinz in Texas dabei, das sich dem Reitsport verschrieben hat.

Herr Valentine, Sie verantworten mit dem Start-up-Wettbewerb eine der spannendsten Veranstaltungen der Technologiemesse South by Southwest. Was ist bei der nunmehr neunten Auflage hervorzuheben?

Chris Valentine: Wie international die Start-up-Szene und die SXSW geworden ist. Über 500 Start ups haben sich bei uns beworben. Von den 50 Finalisten sind 16 aus dem Ausland, kommen unter anderem aus Irland, Russland, der Türkei und Deutschland. Das zeigt, dass spannende Ideen eben nicht nur im Silicon Valley geboren werden.

Wie war das früher?

Als wir 2008 gestartet sind, waren es fast alles Unternehmen aus Kalifornien, vorrangig dem Silicon Valley, sowie aus Boston und New York. Wir haben uns bemüht, das Feld vielfältiger zu machen, haben etwa Jungunternehmen aus Kentucky oder Indiana ermuntert, es auf die große Bühne zu wagen. Nun wollen wir noch globaler werden. Mein Ziel ist, dass rund die Hälfte der Teilnehmer aus dem Ausland stammt

Die wertvollsten Start-up-Branchen Europas

Sie haben den Digital-Assistenten Siri in ihrem Wettbewerb gezeigt, als sein Schöpfer noch ein obskures Start-up aus dem Silicon Valley war - bevor Apple es entdeckte und übernahm. Was ist Ihr Geheimtipp in diesem Jahr?

Ach, da möchte ich neutral sein und das unserer Jury überlassen. Wir haben viele spannende Geschäftsideen. Neben den Trendthemen wie Virtueller Realität, Gesundheit und Künstlicher Intelligenz sehen wir interessante Innovationen in Bereichen wie Transport oder Sport. Dafür haben wir neue Kategorien eingeführt.

Bei Transport und Start-ups denkt jeder gleich an Uber und Lyft – und knallharten Verdrängungswettbewerb. Oder autonomes Fahren, wo Milliarden investiert werden müssen.

Genau, dabei ist dieser Sektor so groß und vielfältig. Er steht meiner Meinung nach noch am Anfang. Einer unser Finalisten in dieser Kategorie ist Driver Watchdog aus Buffalo, das einen intelligenten Sicherheitsassistenten für Fahrer entwickelt hat, der unter dem Rückfahrspiegel befestigt wird. Das Gerät nimmt nicht nur den Verkehr auf, sondern warnt vor Kollisionen, analysiert das Fahrverhalten, prüft etwa über die Innenraumkamera ob der Fahrer Anzeichen von Müdigkeit zeigt.

Oder Spatial.ia aus Detroit, das zusätzlich zur traditionellen Navigation durch die Auswertung von sozialen Medien via Künstlicher Intelligenz anzeigt, was rund um den Zielort gerade passiert, kulturelle Veranstaltungen etwa oder welche Bar gerade besonders angesagt ist.

Einer der fünf Finalisten in ihrer neuen Kategorie Sport kommt aus Deutschland, das Unternehmen Horse Analytics aus Hannover.

Aktivitätstracker wie Fitbit, mit denen man seine persönliche Fitness aufzeichnet, sind ja sehr verbreitet. Horse Analytics hingegen hat einen Aktivitätstracker für Pferde entwickelt. Der wird am Genick des Tieres befestigt, zeichnet die Schrittfolge auf und ermittelt, ob das Pferd geritten wird, ob es etwa lahmt oder wie lange es auf der Weide steht.

Was bringt den Start ups der Auftritt in dem SXSW Wettbewerb?

Zunächst mal Aufmerksamkeit. Und auch Glaubwürdigkeit und Kontakt zu Investoren. Wir haben es für die Wettbewerbe von 2008 bis 2016 statistisch ausgewertet. Von den 353 dort vorgestellten Start-ups haben sich 71 Prozent eine Weiterfinanzierung gesichert, insgesamt rund 3,1 Milliarden Dollar. 14 Prozent wurden aufgekauft, unter anderem durch Facebook, Twitter und Apple. Die Finanzierung ist ein wichtiger Gradmesser für uns, weil wir Start-ups zeigen wollen, die nicht nur interessante Ideen haben, sondern auch für Investoren attraktiv sind.

Neben Siri, welche Start-ups sind später bekannt geworden?

Klout etwa, das dem Einfluss von Personen in sozialen Netzwerken misst und von Lithium Technologies übernommen wurde. Oder die Reisesuchmaschine Hipmunk aus San Francisco, die heute zur SAP-Tochter Concur Technologies gehört. Tubemogul, das unsere Video-Kategorie gewann, wurde vor ein paar Monaten von Adobe für 540 Millionen Dollar erworben.

Was ist Ihr Geschäftsmodell?

Wir finanzieren uns aus Teilnahmegebühren, die 220 Dollar pro Bewerbung betragen sowie aus Sponsorengeldern. Also keine Gesellschaftsanteile oder dergleichen. Interessante Geschäftsideen haben für uns Priorität, da haben wir uns immer bemüht einen Weg zur Teilnahme zu finden, auch wenn die Gründer finanziell klamm waren. Mein Alptraum ist, dass wir das nächste Facebook oder Twitter verpassen, nur weil es an Geld für die Bewerbung oder Anreise mangelte.

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