SAP-Finanzchef Mucic „Unsere Mitarbeiter sind zufrieden wie noch nie“

Trotz eines Gewinnrückgangs im ersten Quartal herrscht bei SAP großer Optimismus. Finanzchef Luka Mucic erklärt, was dem Dax-Konzern Hoffnung macht – und warum SAP für die Mitarbeiter gerne tiefer in die Tasche greift.

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Im ersten Quartal 2017 ist das Cloud-Geschäft von SAP weiter gewachsen. Quelle: Reuters

Düsseldorf In der Bilanz des Software-Konzerns SAP für das erste Quartal dieses Jahres steht ein dickes Minus. Um 17 Prozent ist der unbereinigte operative Gewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal gefallen, auf nun 673 Millionen Euro. Und trotzdem scheinen alle zufrieden. Der Aktienkurs fiel nur kurz nach der Bekanntgabe der Zahlen am Morgen, mittlerweile ist er wieder leicht im Plus.

Die Analysten sind weiter optimistisch: Thomas Becker von der Commerzbank etwa bewertete die Resultate positiv mit Blick auf die Wachstumsdynamik im Kerngeschäft. Und bei SAP ist man sogar sehr zufrieden. „Das erste Quartal ist ganz hervorragend gelaufen“, sagt Finanzchef Luka Mucic im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Wir wachsen stark und gesund.“

Grund für diesen Optimismus ist zum einen, dass das Minus aus einem Plus entstanden ist: Der Aktienkurs von SAP ist im vergangenen Jahr um rund 30 Prozent auf mehr als 90 Euro gestiegen. Da bei rund 65 Prozent der Mitarbeiter ein Teil der Vergütung am Aktienkurs hängt, bekommen die nun deutlich mehr Geld: 250 Millionen mehr als im Vorjahr. 363 Millionen Euro kostet SAP dieses Vergütungssystem.

Ändern will man daran aber trotzdem nichts. Im Gegenteil: „Die hohen Mehraufwendungen für die Aktienvergütung der Mitarbeiter bewegen sich durchaus im Rahmen der Planung", erklärte Finanzchef Mucic. „Zum einen orientieren sich unsere Ziele ohnehin am bereinigten Ergebnis, da sich der Aktienkurs eben nicht planen lässt. Zum anderen wollen wir die Mitarbeiter auch zu Miteigentümern machen. Das erhöht die Motivation. Eine moderne Belegschaft in unserer Industrie erwartet das auch.“

Das dies funktioniert, kann er auch mit Zahlen belegen „Unsere letzte Umfrage unter den Mitarbeitern hat ergeben: Sie sind so zufrieden wie noch nie.“ Das zeige sich auch im Wunsch von 94 Prozent der Mitarbeiter, dem Unternehmen treu zu bleiben: „Die Fluktuation bei SAP betrage keine sechs Prozent.“

Vorstandschef Bill McDermott hatte noch vor wenigen Wochen mit seinem überdurchschnittlich hohen Gehalt Schlagzeilen gemacht. 14 Millionen Euro verdiente er 2016 – auch wegen der guten Entwicklung des Aktienkurses. Mucic sieht darin kein Problem. „Die hohe Vergütung unseres Vorstandschefs hat intern eine hohe Akzeptanz. In unserem Konzern ist es seit langem akzeptiert, dass die Vergütung dem Leistungsprinzip folgt."

Unumstritten war das hohe Gehalt aber dennoch nicht: „Die sehr üppige Vorstandsvergütung hat natürlich auch in Betriebsratskreisen Diskussionen ausgelöst", hatte der Betriebsratsvorsitzende Klaus Merx dem Handelsblatt erklärt. Zwar freue die Mitarbeiter, dass es der Firma gut gehe. Aber: „Wir hätten erwartet, dass die allgemeinen Gehaltserhöhungen den Firmenerfolg besser widerspiegeln, was leider nicht der Fall ist.“


Hohe Zuwächse im Cloud-Geschäft

Trotz der Unzufriedenheit über die Gehaltsverhandlungen sind sich Betriebsrat und Führungsriege in einem Punkt einig: Das Unternehmen ist auf einem guten Weg. Das liegt laut Finanzchef Mucic auch an der Entscheidung, stark in das Geschäft mit Mietsoftware (Cloud) investiert zu haben – und weiter zu investieren. Im ersten Jahresviertel, traditionell das schwächste in der Softwarebranche, legten die Umsätze mit Mietsoftware um 34 Prozent auf 905 Millionen Euro zu. Damit verdiente der Marktführer für Firmensoftware im ersten Quartal um Sonder- und Währungseffekte bereinigt knapp 1,2 Milliarden Euro, zwei Prozent als im Vorjahresquartal. Der Umsatz stieg um acht Prozent auf rund 5,3 Milliarden Euro.

„Eine Steigerung der Clouderlöse um 34 Prozent ist bei unserer Größe hervorragend in unserer Industrie“, sagt Mucic. „Wir wachsen stärker in der Cloud, als man es jetzt schon sehen kann. In unserem Cloud-Geschäft verbuchen wir Umsätze ratierlich, damit steigen die Werte zeitverzögert. Aber dafür hat das Cloud-Geschäft den Vorteil sehr, sehr gut planbar zu sein.“ Im ersten Quartal sei gelte das bereits für 69 Prozent der Umsätze.

Allerdings leidet unter der Konzentration auf das Cloud-Geschäft die Marge. In den ersten drei Monaten dieses Jahres lag die Gesamt-Bruttomarge bei 66,7 Prozent leicht unter dem Wert des Vorjahres. Während die Margen für Softwarelizenzen weiter mehr als 80 betragen, liegen sie im Cloud-Geschäft unter 60 Prozent. „Die gesunkene Marge liegt an Umsatzverschiebungen ins stärker wachsende Cloud-Geschäft“, bestätigt auch der Finanzvorstand.

Allerdings soll sich das ändern: SAP habe in den Ausbau der eigenen Infrastruktur investiert, erklärt er. Sobald das abgeschlossen sei, werde auch die Bruttomarge wieder steigen. „2017 werden wir die Talsohle bei der Marge erreicht haben. Es war genau richtig, im Cloud-Geschäft so viel Gas wie möglich zu geben und das wird sich auszahlen.“ Der Bereich soll in diesem Jahr bis zu vier Milliarden Euro einbringen

Allerdings erfordern das Cloud-Geschäft auch andere Fähigkeiten von den Mitarbeitern. Deswegen strukturiert SAP seine Belegschaft um. Auf der einen Seite baut der Konzern deswegen neue Stellen auf: Weltweit stieg die Mitarbeiterzahl im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zehn Prozent auf mehr als 85.000 Beschäftigte.

Gleichzeitig baut er auf der anderen Seite ab: 2016 nahmen rund 3000 Mitarbeiter ein freiwilliges Abfindungsprogramm in Anspruch, auch in diesem Jahr können sich die Angestellten dafür entscheiden. Deswegen sollen die zunächst nur auf 30 Millionen Euro angesetzten Restrukturierungskosten in diesem Jahr voraussichtlich auf 250 bis 300 Millionen Euro steigen.

Den Ausblick für 2017 ließ SAP dennoch unverändert: Der bereinigte operative Gewinn soll um rund fünf Prozent auf 6,8 bis 7,0 Milliarden Euro zulegen. Für den Finanzer Mucic ist diese Konstanz wichtig: „Ein Unternehmen sollte abliefern und Überraschungen vermeiden. Es ist wichtig Verlässlichkeit zu zeigen. Das ist uns in den vergangenen drei Jahren gut gelungen, und das wusste der Kapitalmarkt offenbar auch zu schätzen.“

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