Neuer Mobilfunkriese: United Internet will Drillisch schlucken
Wer Ralph Dommermuth schon länger kennt, der weiß, dass der Gründer und Vorstandsvorsitzende von United Internet vor allem eines hasst: Abhängigkeit. Das gilt vor allem für die mobilen und festen Infrastrukturen, die United Internet für den Verkauf ihrer Produkte benötigt. Die Netzbetreiber gegeneinander ausspielen und mit seiner Vertriebsmaschine die besten Einkaufskonditionen herauszuholen – auf dieser Klaviatur spielt Dommermuth so perfekt wie kein anderer deutscher Internet-Unternehmer.
Zuletzt klappte das nicht mehr so virtuos. Trotz mehrerer Anläufe wollten Dommermuths langjährige Mobilfunk-Partner Vodafone und Telefónica keine weitergehenden Zugriffsrechte und Kapazitäten auf ihre neuen superschnellen LTE-Mobilfunknetze einräumen. Da sitzt Dommermuth in einem Boot mit dem Web-Riesen Amazon, der ebenfalls als virtueller Mobilfunkbetreiber auf dem deutschen Mobilfunkmarkt durchstarten will und mit diesem Projekt nicht mit offenen Armen von den Mobilfunkbetreibern empfangen wird.
Zur Not muss man halt die Braut heiraten, die solch eine Mitgift besitzt: den Mobilfunk-Discounter Drillisch. Das Unternehmen hat alles, was Dommermuth braucht. Bis 2030 besitzt Drillisch alle vertraglichen Garantien, um bis zu 30 Prozent aller Netzkapazitäten von Telefónica nutzen zu können. Dieser Vertrag gilt auch für die noch zu bauenden Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) und war Teil der Zugeständnisse, die die Wettbewerbshüter in Brüssel vor der Freigabe der Fusion zwischen Telefónica und E-Plus im Herbst 2014 durchsetzten.
Auch Dommermuth hatte 2014 mit harten Bandagen um diesen Vertrag gekämpft – und gegen Drillisch verloren. Es war einer der bittersten Niederlagen in Dommermuths steiler Karriere auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt. Mit der Übernahme von Drillisch kommt er jetzt – drei Jahre später - doch noch zum Ziel.
Das Gute ist: Wenn nicht Dommermuth den Heiratsantrag gestellt hätte, hätte es jemand anders – vielleicht sogar Amazon – getan. So bleibt das Unternehmen auch in der neuen Konstellation unter deutscher Kontrolle. Und Dommermuth kommt seinem Ziel, eine Miniatur-Ausgabe der Deutsche Telekom aufzubauen, ein großes Stück näher. Mit Kai-Uwe Ricke als Aufsichtsrat und René Obermann als Investor arbeiten bereits zwei ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom an seiner Seite.
Zahlen und Fakten zum Mobilfunk-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,5 Milliarden Smartphones verkauft. Das war ein Wachstum von zwei bis fünf Prozent im Vergleich zu 2015 - die Berechnungen einzelner IT-Marktforscher weichen etwas voneinander ab.
Noch im Jahr davor war der Absatz um mehr als zehn Prozent gewachsen. Als zentrale Auslöser für die Abkühlung gelten die wirtschaftlichen Turbulenzen im größten Smartphone-Markt China sowie anderen Ländern wie Russland.
Samsung blieb auf das gesamte Jahr gerechnet der größte Smartphone-Anbieter mit einem Marktanteil von gut 20 Prozent, Apple ist die Nummer zwei mit knapp 15 Prozent.
Im Weihnachtsgeschäft wurden die Apple-Verkäufe aber vom iPhone 7 beflügelt und bei Samsung schlug das Batterie-Debakel beim Galaxy Note 7 auf den Absatz. Im Ergebnis schob sich Apple in dem Quartal mit 78,3 Millionen verkauften iPhones knapp an Samsung vorbei.
Anbieter aus China haben sich - vor allem dank der Größe des heimischen Marktes - weltweit in die Spitzengruppe vor. Die drei Hersteller Huawei, Oppo und BBK schließen nach Samsung und Apple die globale Top 5 ab und kamen zusammen auf gut 20 Prozent Marktanteil.
Bei den Smartphone-Betriebssystemen dominiert Googles Android-Software mit einem Marktanteil über 80 Prozent. Den Rest füllt weitgehend das iOS von Apples iPhones aus. Andere Betriebssysteme wie Windows Phone oder Blackberry OS sind inzwischen praktisch bei Null angekommen. Dabei wurde mit ihnen einst die Hoffnungen verbunden, dass sie zur starken Nummer drei im Markt werden könnten.
Im vergangenen Jahr gab es nach Berechnungen von Experten weltweit rund 7,4 Milliarden Mobilfunk-Anschlüsse. Zum Jahr 2020 dürfte ihre Zahl auf knapp 8,4 Milliarden ansteigen, prognostiziert der IT-Marktforscher Gartner.
Die schlechte Nachricht ist: Neue Preiskämpfe auf dem deutschen Mobilfunkmarkt wird es wohl nicht geben. Die Entwicklung sei schwer vorherzusagen, sagte Dommermuth in einer Telefonkonferenz. Aber er erwarte „keine weiter sinkenden Preise“. Nur zwölf Euro zahlen Drillisch-Kunden durchschnittlich derzeit pro Monat. Aus Sicht von United Internet lässt sich deutlich mehr Umsatz aus den über drei Millionen Kunden herausholen.