United Internet und Drillisch Abschreibungen, Übernahmen – und Applaus für den Chef

Es sind aufregende Zeiten für United Internet. Der Zusammenschluss mit Drillisch soll den Konzern zur vierten Kraft im Mobilfunkmarkt machen. Die Aktionäre bleiben aber gelassen – und spenden dem Firmenchef Applaus.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Aktionäre loben den Chef von United Internet für seinen Coup mit der Drillisch-Übernahme. Quelle: Uta Wagner

Frankfurt Am 20. Oktober 1880 versuchte Don Giovanni hier Donna Anna zu verführen. Bei der ersten Aufführung in der kurz vorher fertiggestellten Frankfurter Oper ging es um Hass, Liebe, Moral – und am Ende von Mozarts Komposition beobachteten die Zuschauern, wie der verantwortungslose Don Giovanni im tosenden Höllenfeuer versank.

Fast 137 Jahre später ist es ruhig in der wieder aufgebauten Alten Oper. Gemächlich spazieren die Aktionäre von United Internet in den Mozartsaal, Aufregung erwartet an diesem Donnerstag kaum jemand – dabei sind es aufregende Zeiten für den Konzern.

Vergangenen Freitag hatte United Internet angekündigt, seine Telekommunikationstochter 1&1 mit dem Mobilfunker Drillisch verschmelzen zu wollen. Damit will der Internetkonzern neben Vodafone, Deutsche Telekom und Telefónica Deutschland die neue vierte Kraft am Markt sein.

Bis es soweit ist, müssen allerdings noch ein recht komplexes Konstrukt von Aktientauschen und Kapitalerhöhungen abgewickelt werden. Erst tauscht United Internet Anteile von 1&1 mit Drillisch und erhöht damit seinen Anteil an dem Mobilfunker auf 30 Prozent. Dann nimmt Drillisch eine Kapitalerhöhung vor, an dessen Ende United Internet Mehrheitsaktionär mit 72,7 Prozent sein soll.

Diese Transaktion ist notwendig, damit 1&1 an einem sehr vielversprechenden Deal von Drillisch mit Telefónica teilhaben kann. Der Mobilfunker kann bis 2030 zu günstigen Konditionen auf bis zu 30 Prozent dessen Netzkapazitäten zugreifen. Telefónica musste sich darauf einlassen, sonst hätte die EU-Kommission dem Zusammenschluss mit E-Plus nicht zugestimmt. Auf der Hauptversammlung erklärt United-Internet-Chef Ralph Dommermuth: „Damit haben wird die gleichen Möglichkeiten, als hätten wie ein eigenes Netz.“ Er verspricht sich davon ein „schönes Wachstum“.

Damit United Internet aber auch an diese Netzkapazitäten kommen kann, müssen die Aktionäre von Drillisch dem Mitte Juli in einer außerordentlichen Hauptversammlung zustimmen. Bis dahin läuft der Zusammenschluss nach Plan. Falls professionelle Anfechtungskläger auf den Plan treten, die sich einen Mehrwert aus einer Klage versprechen, könnte es allerdings sein, dass der Zusammenschluss nicht wie angedacht bis Ende 2017 durch ist, erklärte Dommermuth. Das komme dann auch auf die Gerichte an.

Die Anwesenden bei der Hauptversammlung sind angesichts des Vorhabens guter Dinge. Andreas Lang, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), erklärt, sie sähen „eine sich anbahnende Erfolgsgeschichte.“ Deswegen möchten sie „der Verwaltung zu diesem Schritt gratulieren“.

Trotzdem: Ganz zufrieden ist er nicht. Wie es mit dem „Sorgenkind“ von United Internet, Rocket Internet, weitergehen soll, fragt er. Wegen der Beteiligung an dem Berliner Start-up-Entwickler musste der Konzern im vergangenen Jahr fast 255 Millionen Euro abschreiben. Außerdem sei doch die Dividende angesichts des Erfolgs des Unternehmens recht gering, beklagte er. Auch hätten die Wertpapierschützer erstaunt die die Zahlen zum ersten Quartal wahrgenommen.


Eine Milliarde Gewinn zum Börsenjubiläum?

Tatsächlich hatte Dommermuth vergangenen Freitag die Freude über den künftigen Zusammenschluss mit Drillisch etwas gedämpft, nachdem er am Abend überraschend schwache Quartalszahlen vorstellte. Der Umsatz legte nur leicht zu, und auch beim operativen Ergebnis schnitt das Unternehmen nicht so gut ab wie gedacht. Die Anzahl der Vertragskunden wuchs im ersten Quartal aus eigener Kraft um 190.000.

Der Umsatz kletterte um 2,1 Prozent auf 989,2 Millionen Euro. Das war weniger als von Analysten erwartet. Neben negativen Regulierungseffekten belasteten ein schwaches Geschäft mit Werbeanzeigen auf Internetseiten und das Projektgeschäft der Glasfasertochter Versatel das Ergebnis.

Finanzvorstand Frank Krause beruhigte letzteren Punkt jedoch. Das Werbegeschäft sei wieder merklich angezogen und bei Versatel habe es sich um saisonale Schwankungen gehandelt. Der Konzern bestätigte erneut die Prognose für das laufende Jahr, wonach der Umsatz um sieben Prozent steigen soll und das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) um 12 Prozent. Dommermuth wagte sich sogar noch ein Stück weiter nach vorne. „2018 sind wir 20 Jahre an der Börse“, erklärte er – und in dem Jahr soll das Ebitda das erste Mal mehr als eine Milliarde Euro betragen.

Auch beruhigte er die Aktionärsvertreter bei der Dividende. Natürlich sei eine höhere Dividende zu begrüßen, sagte er. Allerdings würde dem Konzern das die notwendige finanzielle Flexibilität für die Übernahme von Drillisch und weitere Zukäufe nehmen. Zudem betonte er, weiter an der Beteiligung bei Rocket Internet festhalten zu wollen. Die Abschreibungen seien nicht „toll“ sagte er. „Aber wir glauben, dass das Modell funktioniert.“ Er habe zudem hohes Zutrauen in das Management.

Und 137 Jahre nach Don Giovanni wehte an diesem Tag in der Alten Oper in Frankfurt dann doch noch ein Hauch von Liebe durch den Saal. Jens Starke-Wuschko, ein Unternehmensberater aus Wiesbaden, lobte Dommermuth als „unglaublich bescheidenen CEO“, der deswegen für ihn viel Vertrauen ausstrahle. Die Anleger applaudieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%