Altlasten im Untergrund Gift für die Wirtschaft - Krankmacher im Boden

Die Bedrohung durch kontaminierte Flächen hängt wie ein Fluch über vielen (Bau-)projekten. Gift in Böden und Wasser werden zum Standortfaktor. Die Kosten für die Sünden der Vergangenheit will aber niemand tragen.

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Bauer düngt sein Feld Quelle: dpa

Das Problem entstand schon vor mehr als zehn Jahren – und wirkt bis heute nach. Damals gelangte PFC-verseuchter Kompost auf die Äcker rund um Baden-Baden. Nun bewegt sich auf das baden-württembergische Rastatt eine PFC-geschwängerte Giftwolke im Grundwasser zu, welche die Kommune sowie das ortsansässige Gewerbe wie die Daimler-Produktionsstätte mit mehr als 6.300 Beschäftigten in Bedrängnis bringt und somit selbstverständlich zum Handeln zwingt.

Präventiv wurden gerade in jüngster Zeit zwei betroffene öffentliche Wasserwerke geschlossen, die derzeit saniert werden. Für Daimler könnte es so in Zukunft schwieriger werden, genügend Fachpersonal und deren Familien in eine Umgebung zu locken, die nachweislich von Giftstoffen belastet ist. Zudem können bei der werksinternen Wasseraufbereitung hohe Kosten entstehen.

Was über lange Zeit gar kein Problem war, kleingeredet oder einfach verdrängt wurde, rächt sich jetzt: die unkontrollierte Entsorgung von Giftstoffen aller Art. Große Teile der Böden unseres Landes sind durch gewerbliche oder militärische Verunreinigungen aller Art in Mitleidenschaft gezogen. Jürgen Päger, Betreiber der ökologischen Unternehmensberatung Paeger consulting in Bochum, weiß um die Risiken für Unternehmen: „Nahezu bei allen gewerblichen oder privaten Bauvorhaben im Ruhrgebiet kommt man heutzutage nicht mehr ohne eine umfassende vorherige Bodenanalyse aus.“

Das Problem besteht beileibe nicht nur im Ruhrgebiet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat in Deutschland mehr als 271.000 Flächen als Altlast-verdächtig erfasst. Insgesamt eine kaum überschaubare Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Mit der Diskussion um Nachhaltigkeit haben sich auch die Erwartungen an Unternehmen verändert: Die Gesellschaft erwartet, dass Unternehmen Verantwortung für ökologische und soziale Belange übernehmen“, sagt Päger. Die Firmen müssen dadurch mit Auflagen und Ausgaben zurechtkommen, deren Ursachen lange in der Vergangenheit und außerhalb ihrer Verantwortung entstanden sind.

Was ist PFC?

Das Ding mit dem Dünger - genügend objektiv stichhaltige Anhaltspunkte

Wie eine Studie des Landkreises Rastatt belegt, steht nach derzeitigem Kenntnisstand aufgrund „genügend objektiv stichhaltiger Anhaltspunkte“ Kompost als Ursache der eingangs geschilderten PFC-Verunreinigung fest. Ein dortiger Komposthändler hatte in der Vergangenheit Landwirten aus der Umgebung PFC-verseuchte Düngemittel verkauft und sogar verschenkt, die danach auf den Äckern landeten. Dabei legt die Lokalpolitik wohl auch nicht alle Karten auf den Tisch: Bereits bei dem Zeitraum der Verunreinigung wird es nebulös.

Ursprünglich stammten die PFC-Rückstände aus der Papierherstellung. Offenbar, um Kosten zu sparen, wurden diese – irgendwann zwischen 1988 und 2008 - nicht ordnungsgemäß entsorgt, sondern ganz einfach dem Kompost beigemischt, der schließlich die aktuellen Probleme ausgelöst hat. Die Höhe der Kosten, die nun auf die Behörden und die heimische Wirtschaft zukommen, ist bis zum heutigen Tage nicht abzusehen. Experten rechnen mit einem Aufwand, der sich mit einer bis mehreren Milliarden Euro beziffern lässt.

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