Etwas skeptisch schaut Angela Merkel schon, als sie Joe Kaesers Präsent beäugt: Der Siemens-Chef hat ihr eine kleine Merkel-Figur aus einem 3D-Drucker überreicht. Bei den Maßen habe man mit Näherungswerten gearbeitet, ergänzt Kaeser hastig. Die Kanzlerin lacht kurz, posiert mit ihrem Ebenbild für die Fotografen und reicht die Figur einem der zahlreichen Helfer aus ihrer Delegation– sie muss schnell weiter, die nächste Innovation begutachten.
Diese Szene, die sich am Montagmorgen bei dem traditionellen Messerundgang der Kanzlerin auf der weltgrößten Industrieschau in Hannover zugetragen hat, steht symbolisch für den Stand der Industrie 4.0: Sicher ist es eine große Leistung der Siemens-Ingenieure, die den 3D-Drucker entwickelt haben. Mit der Maschine ließen sich tausende Merkel-Figuren am Stück produzieren. Oder auch nur eine, danach eine Miniaturausgabe von Donald Trump oder jedem anderen Promi. Dem 3D-Drucker ist es egal, was er druckt – die Vision, ein individuelles Teil in einer Massenproduktion zu fertigen, ist Realität geworden.
Das Problem: Diese Szene hätte sich auch ohne weiteres im Jahr 2015 oder 2016 abspielen können. Der 3D-Druck an sich ist nicht neu, selbiges gilt für die schier unendliche Anzahl an intelligenten Robotern und sonstigen smarten Maschinen, die von den 6500 Ausstellern noch bis Freitag präsentiert werden.
Diese Motive treiben den Mittelstand bei der Digitalisierung an
...der befragten Unternehmen sehen sich zur Digitalisierung genötigt, weil ihre Kunden mehr digitale Leistungen von Ihnen fordern.
...wollen mit neuen digitalen Produkten neue Märkte und Kundenkreise erschließen und hoffen dabei auf eine verbesserte Kostenstruktur.
...der befragten Unternehmen befassen sich intensiv mit der Digitalisierung, weil sie sich dadurch eine Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit erhoffen.
...und damit fast jedes zweite Unternehmen setzt digitale Unterstützung dazu ein, interne Prozesse zu beschleunigen.
...der deutschen Mittelständler versprechen sich von der Digitalisierung mehr Innovationskraft und Produktivität im eigenen Unternehmen.
...der Befragten sehen in der Digitalisierung eine nachhaltige Verbesserung der Kundenbeziehungen und -erfahrungen für ihr Unternehmen.
Die von techconsult im Auftrag der Telekom durchgeführte Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand“ untersucht, wie sich mittelständische Unternehmen der Digitalisierung stellen und wie weit sie bereits gekommen sind. Dazu wurden im Juni 2016 über 1.000 Unternehmen aller Branchen befragt, wie sie selbst ihre Digitalisierungsbemühungen in den Bereichen Kundenbeziehung, Produktivität und Geschäftsmodell bewerten.
Was hingegen neu ist, ist an den Ständen der Industrie-Großkonzerne und Mittelständler nicht zu sehen: Aus den innovativen Ideen der vergangenen Jahre werden langsam Geschäftsmodelle. So schafft es etwa der 3D-Druck aus den Laboren in die Fabrik: Der Siemens-Kooperationspartner Adidas plant, im Herbst mit der Serienfertigung von Sportschuhen aus dem 3D-Drucker zu beginnen. Mit der „Speedfactory“ in Ansbach will der Konzern schneller auf Trends reagieren können.
Es mangelt in den Hannoveraner Messehallen nicht an neuen Ideen. Innovation und disruptive Ansätze sind der Kern vieler Start-ups, die sich auf der Messe präsentieren. Seit dem vergangenen Jahr ermöglicht es der Veranstalter jungen Unternehmen, sich mit geringem Aufwand und Kosten in einer eigenen Halle potenziellen Investoren, Kunden und Partnern zu präsentieren. Im Bereich „Young Tech Enterprises“ in Halle 3 kommen über 150 Start-ups zusammen, 30 davon mit eigenen kleinen Ständen. Im Vorjahr waren es noch 115 Jungunternehmen.
„Es war ein ausdrücklicher Wunsch aus der Industrie, dass wir die Schwellen für kleine Unternehmen senken und ihnen Raum für die Präsentation ihrer Ideen zu geben“, sagt Messe-Chef Jochen Köckler. „Junge Unternehmen sind schnell und innovativ, aber oft fehlt es ihnen an Geschäftserfahrung, Finanzierung und Strategie.“ Der Messe-Bereich samt eigenem Pitch-Wettbewerb biete den Start-ups daher auch hervorragende Vernetzungschancen und Beratung.
Doch nicht nur die Start-ups können Unterstützung gebrauchen – zum Teil können auch Mittelständler und Dax-Konzerne von den „Jungen“ lernen. Fünf spannende Beispiele.