Studie Wie der Mittelstand am Kunden vorbei digitalisiert

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Mehr Transparenz, mehr Geschäft

2. Versäumnisse beim Kundenkontakt

Dabei erkennen 40 Prozent der Befragten das Problem. Sie befürchten, dass ihre bisherige Kernkompetenz für die Kunden kein Differenzierungsmerkmal im Vergleich zur Konkurrenz darstellt. Zudem kennen die Konkurrenten dank besser genutzter Daten ihre Kunden womöglich genauer und können ihre Angebote entsprechend anders zuschneiden und adressieren. Interessant: In neuen Kundenangeboten schlägt die Industrie den Handel und Dienstleister um Längen.

Vor allem die Bereiche Metallerzeugung und –bearbeitung, Maschinen- und Anlagebau, Versicherungen und Finanzdienstleistungen liegen vorn. Am anderen Ende suchen die Automobilbranche und das Textilgewerbe den Anschluss.

In der Hälfte dieser Unternehmen scheint eine kognitive Dissonanz zu herrschen: Sie selbst bestätigen, dass sie die Chancen erkennen, aber nicht nutzen.

Im Detail heißt das: 53 Prozent der befragten Unternehmen öffnen ihre Homepage nicht für die Kommunikation mit ihren Kunden. Noch drastischer: 27 Prozent sind im Jahr 2017 für Kunden per Email unerreichbar.

Auch Kunden-Feedback scheint unbeliebt zu sein: Bewertungsportale werden nur von 44 Prozent, Communities von 34 Prozent und Chats von 33 Prozent der Unternehmen genutzt. In Zeiten unbestrittener Relevanz von Social Media ein erstaunliches Ergebnis.

Die so genannte „Customer Journey“ – das Verfolgen der Kaufentscheidung und der Anwendung des Produkts – findet ohne diese Unternehmen statt.

3. Transparenz ist nicht gegeben

Ob Strom, Reisen, Häuser, Dienstleistungen oder Stahlpreise - Vergleichsportale sind ein Segen. Wohlgemerkt für Kunden, nicht für die Anbieter. Die übersehen häufig, dass sich Kunden selbst in Branchen, die professionelle Vergleichsanbieter noch nicht abdecken, zumindest über Bewertungsportale binnen Minuten einen Überblick über Qualität und Preis verschiedener Anbieter verschaffen. Die Konsequenz: Produzenten und Verkäufer werden austauschbar. 

40 Prozent der in der Studie befragten Unternehmen bestätigten, dass ihre eigene Kernkompetenz kein Differenzierungsmerkmal mehr zu ihren Wettbewerbern darstellt. Im Klartext: Ihr bisheriges Geschäftsmodell ist in akuter Gefahr. Doch diese Erkenntnis versetzt viele Mittelständler eher in Handlungsstarre als in Tatendrang.

Marc Scherer, Mitautor der Vivaldi-Studie, befürchtet: „Viele verkennen den großen Gewinn durch die Digitalisierung: Mehr Transparenz bietet den Unternehmen im Umkehrschluss die Chance, mehr über ihren Kunden zu erfahren und aus diesen Daten ein neues Geschäft zum Beispiel durch neue Serviceangebote zu machen.“

Fazit

Stellt sich die Frage: Welche Stellschrauben müssen Mittelständler schleunigst bewegen, um nicht noch mehr Kunden an die Konkurrenz zu verlieren?

Berater Sander kommt zu dem Schluss: „Die Unternehmen müssen viel ausgeprägter als bisher analysieren, welche Informationskanäle die eigenen Kundschaft nutzt, um sich bei ihnen oder bei der Konkurrenz über vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen zu informieren.“ Was am Ende zu der Aufgabe führe, die Kundenschnittstelle mittels digitaler Instrumente überlegen zu managen. Und das sei eine Aufgabe für die erste Reihe der Führungskräfte eines Unternehmens – mit klaren Zielvorgaben.

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