Daheim in China kann Zugen Ni sich aussuchen, ob ihn sein Mercedes oder BMW zum Meeting bringen soll. In eine der Limousinen steigt der 61-jährige Firmenchef aber nur mit einem Chauffeur am Steuer. Fährt er selbst, bevorzugt er ein SUV, etwa der Marke Land Rover – wegen der besseren Übersicht vom höheren Cockpit aus.
Auf Geschäftsreise in Deutschland dagegen nimmt Ni ganz bescheiden das Taxi und trägt dunkle Jeans zum dunklen Sakko. Von seinem Milliardenvermögen, das er unter anderem mit der Produktion von Staubsaugern und Rasenmähern gemacht hat, ahnt man angesichts seines unauffälligen Auftritts nichts.
Seine Nison-Gruppe ist der weltgrößte Hersteller von Staubsaugern, obwohl diese für viele Chinesen immer noch ein recht exotisches Produkt darstellen. Für Normalverbraucher sind sie erst seit dem Wirtschaftsboom der Neunzigerjahre erschwinglich.
Die neuen starken Männer in China
Nach fünf Jahren im Amt der einflussreichste Parteichef seit Staatsgründer Mao Tsetung. Pragmatismus und Wirtschaftsreformen spielen unter dem 64-Jährigen nicht mehr so eine große Rolle, dafür die Vorherrschaft der Kommunistischen Partei.
Kümmert sich als Premierminister vor allem um die Wirtschaft, musste aber viel Macht an den Präsidenten abgeben. Der 62-Jährige galt im Frühjahr noch als Wackelkandidat, weil er einer anderen politischen Strömung als Xi Jinping angehört.
Einer der engsten Verbündeten und langjähriger Weggefährte von Xi Jinping. Der 67-Jährige ist derzeit Stabschef des Präsidenten und wurde schon oft mit diplomatischen Missionen im Ausland betraut. Er soll möglicherweise Parlamentspräsident werden
Der 62 Jahre alte Vizepremier ist versiert in Wirtschafts- und Handelsfragen. Er ist das einzige neue Mitglied im Ständigen Ausschuss, das kein enger Vertrauter von Präsident Xi Jinping ist. Er wird dem Lager von Premierminister Li Keqiang zugeordnet.
Der Denker. Der 62-jährige diente drei Präsidenten als Berater und hat ein enges Verhältnis zu Xi Jinping entwickelt. Vermutlich steckt er hinter dessen Idee vom „chinesischen Traum“. Er wird Propaganda, Ideologie und Parteiorganisation verantworten.
Organisationschef der Partei. Als ehemaliger Parteichef von Shaanxi?, der Heimatprovinz von Xi Jinping, werden dem 60-Jährigen enge Verbindungen zum Präsidenten nachgesagt. Er wird das Amt des obersten Korruptionsbekämpfers übernehmen.
Arbeitete als Bürgermeister von Shanghai eng mit Xi Jinping zusammen, als der vor zehn Jahren Parteivorsitzender in der Metropole war. Ist heute selbst Parteichef Shanghais. Der 63-Jährige könnte neuer Vorsitzender der beratenden Konsultativkonferenz werden.
Zudem betreibt der Staubsauger-Kaiser ein umfangreiches Exportgeschäft mit chinesischen Elektrobauteilen. Zu den Abnehmern gehören internationale Hausgerätehersteller wie Bosch, Philips oder Gardena. Bereits vor Jahrzehnten belieferte Ni deutsche Traditionsunternehmen wie AEG, Quelle und Otto. Trotzdem waren er und sein 10.000 Mitarbeiter zählendes Unternehmen hierzulande bisher so gut wie unbekannt.
Komplimente brechen das Eis
Seit dem Einstieg des Giganten beim viel kleineren deutschen Küchenhersteller SieMatic ist das anders. Denn Übernahmen durch chinesische Investoren sorgen in Deutschland für misstrauische Aufmerksamkeit. Sie sind umstritten, weil Arbeitnehmer Entlassungen fürchten und Know-how ins Ausland abfließen könnte. Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft EY zählte für 2017 54 Unternehmensverkäufe von Deutschland nach China. Das sind ganze 14 Deals weniger als im Vorjahr. Doch die Chinesen investierten dabei mit 13,7 Milliarden Dollar so viel wie nie zuvor.
Um die Ängste vor einem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft zu nehmen, beteuern die Chinesen regelmäßig, dass sie keine Entkernung und Verlagerung ihrer deutschen Erwerbungen im Sinn hätten. Komplimente an die deutsche Ingenieurskunst sollen das Eis brechen. „Bei SieMatic wird das Management im Amt bleiben, es sind keine Entlassungen von Mitarbeitern oder Verlagerungen der Produktion geplant“, sagt auch Ni. Eine Verlagerung würde laut dem Unternehmer keinen Sinn ergeben, denn er will die Küchenmöbel in China mit dem Argument verkaufen, dass sie in Deutschland produziert wurden. Die SieMatic-Küchen passen zur Zielgruppe der wohlhabenden chinesischen Großstadtbewohner und zu den auf Privathaushalte spezialisierten Vertriebswegen seines Unternehmens.
Nis Besuch in Frankfurt fällt ausgerechnet auf seinen Geburtstag, trotzdem ist es für ihn ein mit Terminen ausgebuchter Arbeitstag. In China werden Geburtstage anders als im Westen kaum zelebriert. Höflich lobt Ni die tapfer vorgetragenen Mandarinkenntnisse seines deutschen Gegenübers, die asiatische Etikette gebietet solche Komplimente. Trotzdem zieht er lieber noch eine Übersetzung hinzu. Doppelt hält besser.