Allianz-Hauptversammlung Oliver Bätes langer Lauf

In München tritt der Vorstandschef von Europas größtem Versicherer erstmals auf einem Aktionärstreffen der Allianz auf – und muss sich besorgte Fragen zu seiner neuen Strategie anhören.

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Die roten Sportschuhe mit Allianz-Logo stammen aus einer Kooperation mit Under Armour. Quelle: Presse

Nicht die Dividende, nicht der Kurs der Aktie, auch nicht Umsatz und Gewinn der Allianz standen auf der Hauptversammlung zunächst im Mittelpunkt – sondern ein paar rote Turnschuhe. Die trug Vorstandschef Oliver Bäte zum Auftakt des Aktionärstreffens in der Münchner Olympiahalle. Der Versicherer hat vor kurzem eine Partnerschaft mit dem amerikanischen Sportartikelkonzern Under Armour, dem Hersteller der Schuhe, abgeschlossen. Beim so genannten Allianz World Run werden Mitarbeiter des Konzerns künftig für wohltätige Zwecke in Under-Armour-Schuhen laufen.

Doch Bätes auffälliges Schuhwerk zog nicht allzu lange die Aufmerksamkeit der Anteilseigner auf sich – die 3700 Aktionäre wollten wissen, wie es weitergeht mit dem Versicherer und seinen fast 150.000 Mitarbeitern. Der Umsatz des Konzerns lag zuletzt bei gut 125 Milliarden Euro. Ein Wert, für den Bäte viel Lob erhält. Doch die Zeiten der satten Wachstumsraten sind fürs Erste vorbei.

„Ein ‚Weiter so’ geht bei der Allianz nicht“, sagt Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und umreißt ziemlich zielsicher die Großbaustellen des Konzerns: das klassische Lebensversicherungsgeschäft bricht weg, der Trend zur Digitalisierung stellt die Geschäftsgrundlage des Versicherers grundsätzlich in Frage, und die Konsolidierung der zeitweise in schwere Turbulenzen geratenen Kapitalanlagetochter Pimco in den USA zieht sich weiter hin. Bergdolt sagt: „Sie müssen die Allianz in vielerlei Hinsicht neu erfinden.“

Umsatz der wichtigsten Allianz-Geschäftsfelder 2015

Vor allem die niedrigen Zinsen machen dem Unternehmen schwer zu schaffen. Es wird immer schwieriger, in der Kapitalanlage ordentliche Erträge zu erzielen. Staatsanleihen etwa werfen nichts mehr ab. Versicherer wie die Allianz wollen darum verstärkt in Infrastruktur investieren. „Aber das wollen alle, und der Markt ist klein“, sagt Bergdolt und fragt, „was haben sie denn noch.“

Bis 2018 läuft Bätes Umbauprogramm

Im Geschäft mit Lebensversicherungen hat die Allianz inzwischen eine Reihe neuer Produkte mit Garantien, die erst am Ende der Laufzeit festgelegt werden, im Angebot sowie fondgebundene Policen. Allerdings: Konkurrenten aus dem Ausland wie die französische Axa, aber auch kleine Anbieter wie die Canada Life sind in diesem Segment schon viel länger unterwegs und wollen ihre Stärke nun in voller Breite Deutschland ausspielen.

Bis zum Jahr 2018 will Bäte sein Umbauprogramm mit dem wohl klingenden Namen ‚Kontinuität und Erneuerung’ umsetzen. Konsequente Kundenorientierung, durchgängige Digitalisierung, technische Aufrüstung, vor allem der IT, sind die Kernpunkte. Alles richtig, findet etwa Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung institutioneller Privatanleger. „Wie aber nehmen sie die Mitarbeiter mit auf diesem Weg“, fragt Buhlmann. Wichtiger noch: Dazu, wie viele Arbeitsplätze die ganzen Umbaumaßnahmen am Ende kosten werden, dazu will Bäte nichts sagen. Noch zu früh, meint er.

Im laufenden Jahr dürfte der operative Gewinn der Allianz erneut bei etwa 10,5 Milliarden Euro liegen, erwartet Bäte. Es wäre eine Stagnation. Im ersten Quartal sprang zwar der auf Anteilseigner entfallende Überschuss der Allianz um 20,5 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Umsatz, also das Kerngeschäft, und Gewinn schrumpften allerdings leicht.

Die Digitalisierung des Geschäfts, aber auch die vielen neuen Start-ups, die ebenfalls Versicherungen vertreiben, stellen den 125 Jahre alten Tanker Allianz vor ganz neue Herausforderungen. Bäte drückt darum beim Umbau aufs Tempo. „Herr Bäte, sie sind für uns der richtige Mann zur richtigen Zeit, denn Sie haben auch die Interessen des Kapitalmarkts im Blick“, sagt Ingo Speich, Portfoliomanager bei Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken. „Wir mahnen jedoch, das Effizienzdenken nicht zu übertreiben und die Organisation mit Ihrem Tempo nicht zu überfordern.“

Fest steht: Seine Sportschuhe wird Bäte in den kommenden Jahren brauchen – der Umbau der Allianz könnte ein längerer Ausdauerlauf werden.

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