Die Höhle der Löwen: Compounder „Wenn Maschmeyer grundsätzlich an uns glaubt, dann tun das auch andere“

Hohe Bewertung schreckte die Investoren im TV ab: Die Compounder-Gründer (von links) Evelyn Wagner, Carmine Siena und Paula Vorbeck. Quelle: RTL / Bernd-Michael Maurer

Auf der Plattform Compounder bewerben sich Studieninteressierte mit einem Klick bei mehreren Hochschulen. Das Gründerteam trat in der „Höhle der Löwen“ mit selbstbewusster Bewertung auf – und scheiterte. So ging es nach der Sendung weiter.

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Mehr als 450.000 Menschen starten pro Jahr in Deutschland ein Studium. Bei den Bewerbungen müssen sie bei jeder Hochschule, jedem Studiengang ihre Unterlagen neu hochladen und Formulare ausfüllen. Compounder aus Köln will zu einer zentralen Plattform für diesen Prozess werden – und so auch den Hochschulen viel Bürokratie abnehmen. Dafür kassiert das Start-up pro erfolgreich vermitteltem Studienanfänger eine Provision der Hochschule. In der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ wollten die Gründer Evelyn Wagner, Carmine Alfonso Siena und Paula Vorbeck zehn Prozent der Unternehmensanteile gegen 400.000 Euro tauschen. Fast alle Investorinnen und Investoren winkten ab, Carsten Maschmeyer verlangte 25 Prozent am Start-up – das war den Gründern zu viel. Evelyn Wagner berichtet, wie es seit der Aufzeichnung vor einem halben Jahr weiterging. 

WirtschaftsWoche: In der Show übten die Investoren heftige Kritik an der Bewertung von vier Millionen Euro, die Sie für Compounder aufgerufen hatten. Zu Recht?
Evelyn Wagner: Wir wussten, dass wir bis zur Aufzeichnung nur sehr wenige Studierende vermittelt hatten. Doch wir wussten auch, dass unsere Zeit noch kommt und es in der Bewerbungsphase für dieses Wintersemester – also genau jetzt – ziemlich abgehen wird. Darum sind wir immer noch glücklich mit unserer Bewertung.

Carsten Maschmeyer hat noch mit Ihnen verhandelt – aber Sie wollten nicht so viele Anteile abgeben, wie er gefordert hat. Ärgern Sie sich heute nicht?
Carsten Maschmeyer hätte uns sicher sehr stark nach vorne gebracht. Aber wir hatten uns eine Grenze gesetzt, wie viele Anteile wir abgeben wollten. Für uns war es eine gute Bestätigung: Wenn Maschmeyer grundsätzlich an uns glaubt, dann tun das auch andere. Zudem waren wir zu der Zeit schon in Gesprächen mit anderen Investoren, bei denen die Bewertung nie das entscheidende Thema war. Daher konnten wir sehr selbstbewusst in die Aufzeichnung reingehen. Und haben einige Wochen später dann Investoren zu einer sehr ähnlichen Start-up-Bewertung für uns gewinnen können. Wir sind uns sicher: Wären wir einige Monate später in der „Höhle der Löwen“ gewesen, wäre vieles anders gelaufen.

Was hat sich seit der Aufzeichnung auf der Plattform getan?
Wir arbeiten mittlerweile für fast 50 Hochschulen, bald kommen die ersten öffentlichen Einrichtungen dazu. Damit kommen wir unserem Versprechen, dass die Studienbewerber alle ihre Wunschhochschulen erreichen, ein gutes Stück näher. Und wir hatten jetzt bereits 600 Bewerbungen von 350 Studieninteressierten. Wir gehen grob davon aus, dass es in etwa einem Drittel der Fälle tatsächlich zu einer Einschreibung kommt – und wir dann unsere Provision erhalten.

von Jannik Deters, Konrad Fischer, Artur Lebedew

Warum nutzen Hochschulen überhaupt Ihren Service – und bezahlen sogar für die erfolgreiche Vermittlung von Studienanfängern?
Da gibt es unterschiedliche Motive. Es gibt Hochschulen, die einen Rückgang an Bewerbungen registrieren und dagegen etwas tun wollen. Private Hochschulen achten sehr darauf, was die Konkurrenz so macht, weil sie im Wettbewerb um Studienanfänger stehen. Und alle Hochschulen, auch die staatlichen Einrichtungen, sparen durch uns Zeit, Aufwand und Kosten. Im Normalfall sind die Zulassungsstellen ansonsten gerade im Sommer, wenn es um die Bewerbungen für das Wintersemester geht, ausschließlich damit beschäftigt, Dokumente zu prüfen, Noten umzurechnen und mit den Bewerberinnen und Bewerbern zu kommunizieren.

Wie erreichen Sie die Hochschulen?
Unser bester Vertriebskanal ist LinkedIn. Da treten wir mit allen in den Austausch, die an Hochschulen arbeiten. Und berichten auch regelmäßig über neue Partnerschaften mit Hochschulen. Dazu kommen E-Mail, Telefon, Netzwerktreffen und Hochschulveranstaltungen. Die Welt ist relativ klein, die beobachten sehr gut, was sich da tut. Wir hatten damals mit unserer Alma Mater angefangen, der CBS. Danach hat es Monate gedauert, bis wir die nächste Einrichtung überzeugen konnten. Mittlerweile haben sich die Verhandlungen auf zwei bis drei Wochen verringert und es kommen immer wieder Hochschulen von sich aus auf uns zu. Das ist ein tolles Gefühl.

Einige Hochschulen sind stolz auf ihre eigenen Bewerbungsverfahren. Wie passt das zu einer Plattform?
Diese Frage hören wir immer wieder. Der grundsätzliche Bewerbungsablauf ist standardisiert, aber natürlich lässt er sich individualisieren. Wenn es Hochschulen also beispielsweise wichtig ist, bestimmte Zusatzdokumente zu erhalten oder sie einen Essay zu einem bestimmten Thema verlangen, dann lässt sich das in den Ablauf integrieren.

Wäre eine koordinierte Bewerbungsplattform bei allen Hochschulen nicht eigentlich eine staatliche Aufgabe?
Eigentlich schon. Und dann wäre es super für uns, mit diesen Stellen zu kooperieren. Aber uns kam die Idee 2017 im Studium, als wir zuvor selbst das Problem gespürt hatten. Daher war uns klar, dass sich da etwas verändern muss. Nach unserem Abschluss 2019 haben wir dann intensiv mit dem Projekt losgelegt. Bis heute gibt es aber aus unserer Sicht immer noch nichts Vergleichbares.

Und wer meldet sich auf Ihrer Plattform an?
Einmal Studieninteressierte aus dem Ausland. Die bewerben sich häufig direkt für mehrere verschiedene Hochschulen und Studiengänge. Es ist aber deutlich schwieriger, die bis zur Einschreibung zu bringen, weil in manchen Fällen noch Themen wie Visa, Krankenversicherung oder Sperrkonten dazu kommen. Da arbeiten wir jetzt mit einem Partner zusammen, der bei diesen Schritten hilft.

Wie sieht es mit deutschen Studieninteressierten aus?
Die wissen meist schon genauer, was sie wollen. Aber auch die sind sehr froh, dass sie dann nicht mehrfach ihre Dokumente hochladen und Formulare ausfüllen müssen.

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Lesen Sie auch das Interview zur vorigen Folge „Die Höhle der Löwen“: Der „Sturfer“ geht leer aus 

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