Wagniskapital Frauen gehen besser mit Geld um

Gründerinnen erhalten weniger Wagniskapital als Männer. Quelle: imago images

Gründerinnen sind seltener als Gründer. Und sie überzeugen seltener Investoren. Ärgerlich – und zwar nicht nur für die Frauen. Denn aktuelle Zahlen zeigen: Sie legen auch schneller einen Exit hin.

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Die Lücke ist erheblich: Es gibt zu wenige Gründerinnen. Und diese erhalten auch noch weniger Wagniskapital als Männer. „Wenn in Unternehmerinnen genauso viel investiert würde wie in Unternehmer, könnte die Weltwirtschaftsleistung um 5,5 Billionen Dollar steigen“, konstatiert Emma Wheeler, die bei UBS Wealth Management für das Vermögenswachstum von Frauen zuständig ist. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland wird auf rund fünf Billionen Dollar geschätzt.

Zur amerikanischen Gründerszene gibt es viele Analysen über die Diskrepanz beim Wagniskapital zwischen den Geschlechtern. Das US-Kapitalanalyseunternehmen PitchBook hat in einer aktuellen Untersuchung die Lage in Europa unter die Lupe genommen. Auch hier gibt es eine große Kluft zwischen dem Risikokapital, das an rein männliche Gründerteams fließt und den Teams, zu denen auch Frauen gehören. „Noch größer ist der Unterschied bei Teams, die ausschließlich aus Frauen bestehen“, stellt  PitchBook-Analystin Annemarie Donegan fest.

Männer vergeben Geld an Männer

Das dürfte auch daran liegen, dass jene, die Risikokapital vergeben, sich bei der Auswahl der Start-ups von (unbewussten) Vorurteilen leiten lassen. Denn auch Wagniskapitalunternehmen sind weiterhin von Männern dominiert. Bei Firmen, die mindestens 50 Millionen Euro verwalten, sind im Schnitt nur 15,2 Prozent der Entscheider Frauen. Etwas besser sieht es bei Investoren aus, die auf medizinische Geräte (25 Prozent) und Gesundheitsdienste (22,6 Prozent) spezialisiert sind. 

Bei kleineren Risikokapitalgebern ist das Missverhältnis höher. Dort sank der Anteil von Entscheiderinnen auf 11,4 Prozent. Wieder gibt es Unterschiede bei auf bestimmte Branchen spezialisierten Investoren, etwa bei Konsumgütern mit 19 Prozent. Coronapandemie und Zinswende, die es Risikokapitalgebern schwer machen, haben sich auch auf die Zahl der weiblichen Einzelinvestoren ausgewirkt. 2022 gab es noch 421 Business Angels. Im vergangenen Jahr schrumpfte die Zahl um fast die Hälfte: Es waren nur noch 244 aktiv.

Finanzchefs verdienen in der Start-up-Szene mehr als CEOs, zeigt eine Umfrage. Frauen bekommen im Allgemeinen weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Bis auf eine Ausnahme.
von Lisa Ksienrzyk

Immerhin, es tut sich etwas: Laut PitchBook sind die Bewertungen sowie die Höhe von Finanzierungsrunden von Start-ups, an denen auch Frauen beteiligt sind, in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. In Europa haben demnach reine Männerteams seit 2015 jedes Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar Risikokapital einsammeln können. Seit 2021 schaffen das auch Jungunternehmen mit weiblicher Beteiligung. Im Coronajahr 2021, was ein Rekordjahr für Wagniskapitalinvestionen war, gelang es rein weiblichen Teams erstmals, die eine Milliarde-Dollar-Schwelle zu durchbrechen.

Frauen sind sechs Monate schneller

Frauen holen laut Donegan seit dem vergangenen Jahrzehnt auf. Die Zahl der Finanzierungsrunden verdoppelte sich bei Teams mit weiblicher Beteiligung im Vergleich zu rein männlichen. Allerdings von einer kleinen Basis aus. Im Jahr 2023 waren an einem Viertel aller Finanzierungsrunden  Frauen beteiligt.

Das ist nicht nur ärgerlich für Gründerinnen. Sondern auch für die Wagniskapitalgeber: Teams mit Frauen legen laut Statistik nämlich einen schnelleren Exit hin, sei es durch eine Übernahme oder einen Börsengang. Im Schnitt sind sie rund sechs Monate schneller. Sie gehen maßvoller mit dem aufgenommenen Kapital um.

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Das am höchsten bewertete Start-up mit weiblicher Beteiligung ist derzeit das mit rund fünf Milliarden Euro bewertete Software-Start-up Relex aus Helsinki, wo die Lieferkettenexpertin Johanna Smaros eine von drei Gründern ist. Auf die Liste der zehn wertvollsten europäischen Unicorns, also Start-ups mit Milliardenbewertung, hat es auch das Fintech Scalable Capital aus München geschafft, wo Mitgründerin Manuela Rabener jedoch mittlerweile ausgeschieden ist.

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