Woran liegt das?
In unseren Interviews haben einige AfD-Abgeordnete zugegeben, dass der Partei dafür derzeit schlicht noch die Kompetenz fehlt. In der Parteispitze sitzen einige Ökonomen, aber in der Breite fehlt der Partei die wirtschaftspolitische Kompetenz. Noch problematischer für das Profil der Partei ist die fehlende sozialpolitische Kompetenz.
Die AfD-Abgeordneten, mit denen wir gesprochen haben, glauben, dass die Partei sozial-ökonomische Themen deutlich stärker spielen müsste – aber es eben noch am Personal mangelt.
Findet die Partei keine Mitarbeiter für die Parlamente?
Die Rekrutierung für die Parlamente war für die AfD schwierig, weil die Partei von ihren Erfolgen überrannt worden ist. Da war die Personaldecke am Anfang schlicht ein wenig dünn. Aber das hat sich seit den ersten Erfolgen geändert. Die AfD hat kontinuierlich neue und geeignete Mitarbeiter rekrutiert und mittlerweile in den meisten Landtagen einen arbeitsfähigen Unterbau für die Fraktionen aufgebaut. Wir haben da einen Professionalisierungsschub festgestellt.
Woher kommen die neuen Mitarbeiter?
Viele AfD-Mitarbeiter haben einen Burschenschafts-Hintergrund oder kommen aus dem Umfeld der Jungen Freiheit. Auch das Institut für Staatspolitik von dem Neurechten Götz Kubitschek in Schnellroda spielt eine Rolle.
Wann wird die AfD in den Landtagen auf Augenhöhe mit den anderen Parteien sein?
Das ist nicht so einfach zu sagen, denn das kommt natürlich auf die Fraktionsstärke an, und darauf, wie gut die jeweilige Fraktion organisiert ist. Einige Dinge beherrschen die AfD-Leute auch jetzt schon gut.
Uns haben zum Beispiel viele Abgeordnete anderer Parteien erzählt, wie geschickt die AfD-Abgeordneten darin sind, das Flüchtlingsthema auch in fachfremden Ausschüssen anzugehen. Da geht es dann zum Beispiel um Lärmwände – und AfD-Abgeordnete fragen, wie viele Meter Lärmwand man mit dem Geld bauen könnte, das gerade in ein neues Flüchtlingsheim geflossen ist.
Trotzdem: Bis die AfD alle parlamentarischen Abläufe kennt und beherrscht wird es wohl noch eine Weile dauern.
Die Gesichter der AfD
Geboren in Dresden, promovierte Chemikerin und Unternehmerin, Bundesvorsitzende der AfD. Mutter von vier Kindern, liiert mit dem AfD-Landeschef von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell: Das ist Frauke Petry. Sie gilt als pragmatisch und ehrgeizig. Auch wenn sie verbal gerne Gas gibt – inhaltlich steht Petry eher in der Mitte der Partei.
Björn Höcke (45) und Alexander Gauland (76) haben im November 2015 gemeinsam „Fünf Grundsätze für Deutschland“ veröffentlicht. Darin wettern sie gegen die „multikulturelle Gesellschaft“ und behaupten, „die politische Korrektheit liegt wie Mehltau auf unserem Land“.
Meuthen ist geboren in Essen, promovierter Volkswirt, seit 1996 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Kehl (Baden-Württemberg), Bundesvorsitzender der AfD, war Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg und ist seit Mai 2016 Landtagsabgeordneter; er ist verheiratet und hat fünf Kinder. Meuthen gehört zu den wenigen prominenten Vertretern des liberalen Flügels, die nach dem Abgang von Bernd Lucke in der AfD geblieben sind.
Sie ist geboren in Lübeck, Jurastudium in Heidelberg und Lausanne (Schweiz), Rechtsanwältin, stellvertretende Bundesvorsitzende und AfD-Landesvorsitzende in Berlin, seit 2014 im EU-Parlament, verheiratet. Gilt als ultrakonservativ.
Marcus Pretzell (43) ist geboren in Rinteln (Niedersachsen), Jurastudium in Heidelberg, Rechtsanwalt und Projektentwickler, seit 2014 Vorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen, Vater von vier Kindern, seit 2016 verheiratet mit Frauke Petry. Der Europaabgeordnete hat die AfD als „Pegida-Partei“ bezeichnet. Parteifreunde rechnen ihn aber nicht zum rechtsnationalen Flügel.