Renault zählte im ersten Halbjahr 2016 zu den Gewinnern auf dem deutschen Automarkt. Mit der Zulassung von knapp 98.000 Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen steigerten die Franzosen ihren Verkauf um über 13 Prozent, während der Gesamtmarkt nur um 5,4 Prozent wuchs. Bei der Marke Renault fielen die Zuwächse noch einen Tick stärker aus – ohne dass die Verkäufer wie in früheren Zeiten die Bilanz mit Tageszulassungen aufhübschen mussten.
Uwe Hochgeschurtz, seit 1. Juni neuer Vorstandsvorsitzender der Renault Deutschland AG, könnte also zufrieden sein – ist es aber nicht. Der 53-jährige Betriebswirt aus Köln, der seine Karriere bei Ford begann und später bei VW Nutzfahrzeuge fortsetzte, sieht in allen Segmenten noch Potenziale für den Importeur. Nicht nur im Kleinwagensegment.
WirtschaftsWoche: Herr Hochgeschurtz, Renault hat im ersten Halbjahr auf dem deutschen Automarkt mächtig zugelegt. Was ist bis zum Jahresende noch drin?
Uwe Hochgeschurtz: Wir haben ganz klare Ziele, kommunizieren aber keine genauen Zahlen. Wir wollen weiter wachsen…
Zur Person
Uwe Hochgeschurtz (53) ist seit dem 1. Juni 2016 Vorstandsvorsitzender der Renault Deutschland AG. Er folgte auf Olivier Gaudefroy, der zum gleichen Zeitpunkt die Funktion des Direktors Corporate Sales & Used Cars im Renault Konzern übernehmen wird.
Hochgeschurtz begann seine Karriere 1990 bei Ford, wo er bis 2001 verschiedene leitende Funktionen übernahm. In den Jahren 2001 bis 2003 zeichnete er für das Marketing von Volkswagen Nutzfahrzeuge verantwortlich. Seit Januar 2004 ist der gebürtige Kölner für Renault tätig. Dort verantwortete er zunächst den Bereich Marketing und Strategie Renault Nutzfahrzeuge in der Renault Zentrale in Paris und übernahm 2008 die Position des Direktors Firmenkundengeschäft. Zuletzt war Hochgeschurtz seit April 2014 Generaldirektor des Renault Vertriebsgebietes „Central” (Österreich und Schweiz).
Das nehme ich Ihnen ab, aber das wollen alle Autohersteller.
Ja, aber wir haben ordentlich Substanz dahinter. Der Kadjar läuft aktuell sehr gut. Und der Espace läuft deutlich besser als das Vorgängermodell. Viel Potential sehe ich in den SUV-Segmenten. Im B-SUV-Segment sind wir mit dem Captur bereits die Nummer 1. Der Twingo ist Maßstab für alle Stadtautos. Und auch vom neuen Clio, der im September kommt, erhoffen wir uns eine Stärkung. Mégane und Talisman laufen gut, im Herbst kommt der neue Scénic.
Wir haben aktuell die jüngste Modellpalette aller Autohersteller in Deutschland, wir zählen zu den Herstellern mit den im Schnitt geringsten Schadstoffemissionen und wir haben sehr attraktive und preisgünstige Produkte – man kriegt bei uns sehr viel Auto fürs Geld. Wir haben also Grund zur Annahme, dass wir weiter wachsen.
Nur um wie viel, mögen Sie nicht sagen.
Ich will das nicht auf einen Marktanteil reduzieren.
Wie wäre es mit sieben Prozent? Soviel hatte Renault einmal in Deutschland.
Aktuell liegen wir mit der Marke Renault bei knapp 4 Prozent Marktanteil. Da sollten bis zum Jahresende einige Zehntel hinzukommen. Und wenn wir Dacia hinzurechnen, sind wir bei über fünf Prozent. Vom historischen Bestwert von 6,8 Prozent sind wir dann auch nicht mehr so weit entfernt.
Wann wurde der erreicht?
Das war im Jahr 1999, damals noch ohne Dacia und auch einige andere Wettbewerber, die erst später hinzukamen – überwiegend aus Südkorea. Der deutsche Automarkt wird zu zwei Dritteln von den deutschen Herstellern bestritten. Für die Importeure bleibt da immer nur ein Drittel. Und je mehr Akteure es gibt, desto intensiver ist der Wettbewerb.
Erst recht, wenn einige Anbieter zu kämpfen haben. Profitieren Sie von der aktuellen Schwäche von Volkswagen?
Es mag unzufriedene Kunden geben, die auf der Suche nach Alternativen sind. Aber ich werde hier keine Schadenfreude äußern: Jeder Hersteller muss sich um seine eigenen Probleme kümmern.
Renault hat in der Tat seine eigenen Dieselprobleme: Die Stickoxid-Emissionen einiger Modelle sind im Alltagsbetrieb deutlich höher als gesetzlich erlaubt.
Vorsicht: Alle unsere Modelle, alle unsere Motoren sind regelkonform. Wir benutzen keine Manipulationssoftware. Das ist schon einmal wichtig festzuhalten. Und wir sind bestrebt, die Schadstoffemissionen unserer Fahrzeuge zu reduzieren. Dafür muss man nicht immer auf die nächste Modellgeneration warten: Wenn es eine Möglichkeit gibt, während einer Modellentwicklungsphase etwa über eine neue Software eine Verbesserung zu erzielen, dann tun wir das, auch wenn wir es nicht müssen.