Diese Kolumne heißt „Stelter strategisch“, nicht „Stelter taktisch“. Aus gutem Grund habe ich mich in den letzten Jahren mit kurzfristigen Empfehlungen zurückgehalten. Den Wenigsten gelingt es, durch ständige Umschichtungen in ihrem Anlageportfolio den Markt dauerhaft zu schlagen. Die in meinen Augen einzig erfolgversprechende Anlagestrategie besteht darin, kostengünstig an der strategischen Asset-Allokation - wie sie hier und anderswo immer wieder gepredigt wird - festzuhalten: Aktien, Immobilien, Gold und Cash beziehungsweise Anleihen.
Einige Ausnahmen von der Regel „keine Kurzfristempfehlungen“ erwiesen sich als „goldrichtig”. Ich denke an meinen Appell im Dezember 2015 auf Gold und Goldminen zu setzen, der spätere Hinweis Gewinne mitzunehmen, meine Empfehlung bei Ölaktien zu bleiben im Frühjahr diesen Jahres und vor einigen Wochen das Pfund wieder in Betracht zu ziehen. Anderseits hätte man ruhig die Deutsche Bank kaufen sollen bei zehn Euro. Habe ich aus prinzipiellen Überlegungen heraus nicht gemacht – Banken sind keine Qualitätsinvestments – und mir so 80 Prozent Gewinn entgehen lassen. Dabei hätte damals eine Kaufempfehlung dem einzigen Grundsatz entsprochen, den ich bei der taktischen Geldanlage für plausibel halte: immer das Gegenteil von dem zu tun, was alle sagen und denken.
Die Großen der Anlageszene nutzen eine Liste der Top-10-Prognosen für das Neue Jahr zum Marketing. Nachdem ich nun mehr als ein Jahr an dieser Stelle schreibe und die Wiwo mich immer noch schreiben lässt, was ich mag – siehe meine Idee der radikalen Entschuldung über die Abwertung allen Geldes gegenüber Gold letzte Woche - ist es an der Zeit, meine eigene Top-10-Liste zu veröffentlichen. Das Schöne an diesen Listen: sie müssen nicht in sich schlüssig sein. Niemals werden alle Top 10 gleichzeitig eintreffen. Die Trefferquote sollte allerdings schon bei über 50 Prozent liegen. In einem Jahr schauen wir zurück. Versprochen.
Hier meine Top 10 für 2017:
1. Die Deflation kehrt zurück
Zurzeit beginnt eine breite Diskussion zur Rückkehr der Inflation. Zum einen liegt das an der Hoffnung, die neue US-Regierung könnte mit ihren Maßnahmen die US-Wirtschaft beleben und die Inflationsrate nach oben treiben. Eine Idee, die hier schon vor der Wahl diskutiert wurde (Mit Trump kommt die Reflation). Zum anderen entfällt die preissenkende Wirkung des tiefen Ölpreises. Da das Öl schon vor einem Jahr billig war, entfällt der Basiseffekt. Deshalb ist es durchaus möglich, dass in den kommenden Monaten höhere Inflationsraten gemeldet werden. Dies dürfte aber nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Dafür sprechen viele Gründe: der Anstieg der Zinsen führt zu einer Abschwächung der Wirtschaft, der starke US-Dollar erhöht den Druck auf die Emerging Markets, China muss die eigene Wirtschaft über Exporte stärken und die grundlegenden Probleme von schrumpfenden Erwerbsbevölkerungen und schwachem Produktivitätswachstum bleiben ungelöst. Im Herbst 2017 reden wir wieder von Deflation.
2. Die USA stürzen in die Rezession
Der Aufschwung der US-Wirtschaft ist – obwohl im historischen Vergleich schwach – schon sehr alt. Alles hängt am US-Konsumenten, der trotz geringer Lohnsteigerungen immer noch auf Schulden setzt. Höhere Zinsen und kurzfristig höhere Inflation belasten die Kaufkraft der Konsumenten und die Bilanzen der deutlich höher verschuldeten Unternehmen, die um ihre Erträge trotz steigender Zinsen und starkem Dollars zu verteidigen, Kosten senken und Arbeitsplätze abbauen. Die ohnehin tiefen Investitionen gehen noch weiter zurück. Der Druck auf die neue US-Regierung, wie versprochen mit Protektionismus zu reagieren, wird zunehmen.
Was Investoren für die lukrativste Geldanlage halten
Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt einmal jährlich im Auftrag von pro aurum die Deutschen nach ihren Anlagestrategien. Hier die Ergebnisse vom Juni 2015 - im Vergleich zu den Vorjahren. Zuerst wurden den Bürgern fünf Geldanlagen genannt, mit der Bitte, anzugeben, welche davon aus ihrer Sicht derzeit am besten als langfristige Geldanlage mit mindestens drei Jahren Laufzeit geeignet ist.
Gold platziert sich zum fünften Mal in Folge an erster Stelle, diesmal allerdings deutlicher vor Aktien, die seit 2011 Zuwächse erzielten, aber aktuell in der Anlegergunst gesunken sind: 30 Prozent der Bürger würden sich heute für Gold entscheiden, weil sie vermuten, dass diese Anlage nach mindestens drei Jahren Laufzeit im Vergleich zu den vier anderen Geldanlagen den meisten Gewinn bringt. Gold konnte somit um zwei Prozentpunkte zulegen.
Nur noch 23 Prozent halten Aktien für besonders lukrativ, wenn es um langfristige Geldanlagen geht. Im Vorjahr hatte dieser Wert mit 27 Prozent offenbar einen Gipfel erreicht.
Es folgen Fondsanteile mit zwölf Prozent. Fonds sind in der Gunst der Anleger wieder leicht gegenüber dem Vorjahr gestiegen. 2013 hatte dieser Wert mit 13 Prozent noch ein Hoch erreicht, war aber 2014 auf elf Prozent zurückgefallen.
Fest- beziehungsweise Termingeld hielten sieben Prozent der Befragten für die lukrativste langfristige Geldanlage. Seit 2011 ist diese Anlageklasse deutlich ins Hintertreffen geraten, damals glaubten noch 22 Prozent der Befragten, Termin- und Festgelder würden auf drei Jahre betrachtet den meisten Gewinn abwerfen.
Drei Prozent nannten Anleihen als aussichtsreichste Anlageklasse, im Vorjahr waren es nur zwei Prozent. Anleihen spielen somit für Privatanleger praktisch keine Rolle. Ernüchternd: Knapp jeder vierte Bürger (24 Prozent) kann nicht sagen, welche dieser Anlagen am besten geeignet wäre, um langfristig möglichst viel Gewinn zu erzielen. Die Angaben "weiß nicht" oder "keine davon" kamen bereits in den Vorjahren ähnlich häufig vor.
3. Der US-Dollar verliert
Nach einem mehrjährigen Aufschwung des US-Dollar-Index sind alle Marktbeobachter der Meinung, dies müsse so weitergehen. Alleine dies spricht für eine Trendwende oder zumindest eine Pause in der Entwicklung des US-Dollars. Die Rezession in den USA und die damit verbundene Abkehr von Zinserhöhungen führt zu einer neuen Phase des Abwertungswettlaufs. Die USA wussten noch immer am besten, wie man das spielt. Der Euro wird daraufhin, allen Problemen der EU und der Eurozone zum Trotz, steigen und die Probleme in Europa verschärfen.
4. Gespaltenes Jahr für Anleihen
2017 kann man mit Anleihen wieder gut Geld verdienen. Nachdem im ersten Halbjahr die Zinsen auf 10jährigen US-Treasuries über drei Prozent gestiegen sind, kommt es in der zweiten Jahreshälfte zu einer massiven Rallye. Ende 2017 liegt der Zins dann bei 1,5 Prozent. Dies widerspiegelt die wirtschaftliche Abkühlung, die gestiegene Deflationsgefahr und den Versuch der Notenbanken noch aggressiver die Wirtschaft zu beleben. Doch nicht alle Anleihen profitieren. Anleihen von Schuldnern schlechter Bonität erleiden deutlichere Abschläge, der Risikozuschlag gegenüber sicheren Staatsanleihen nimmt wieder deutlich zu, ausgelöst durch die Rezession und zunehmende Zahlungsausfälle.
5. Verluste an den Börsen
Nach einem guten Jahresauftakt realisieren die Aktienmärkte rasch, dass sich eine wirtschaftliche Abkühlung andeutet. Die Märkte drehen, angeführt von den USA nach unten. Die zyklischen Werte werden gemieden, die Qualitätsaktien und Dividendenpapiere können sich relativ besser entwickeln. Dennoch stehen die Börsen Ende 2017 unter den Höchstständen vom Jahresbeginn.