Die Ministerin ist gekommen. Und mit ihr der Platzregen. Die Blaskapelle auf der Terrasse rafft ihre Noten zusammen und rettet sich ins Haus. Das Personal räumt hektisch die über Stunden mühsam mit Tischdecken überzogenen und dekorierten Bierbänke ab. Die Eröffnungsparty droht Graf von Moltke wortwörtlich verhagelt zu werden.
Doch das Unwetter geht so rasch, wie es sich über das Gut Steinbach in Reit im Winkl ergossen hat. Die Wolken ziehen ab, die Sonne kommt raus. Der Bürgermeister spricht, die Ministerin auch, die beiden Geistlichen aus der Gemeinde segnen von einem Holzsteg aus das jüngste Projekt des Unternehmers vom Tegernsee mit einem Gebet.
Der Steg ragt in einen Teich, um ihn herum gruppieren sich fünf Wohnhäuser. Das Ensemble liegt im Schatten der Ski-Schanzen von Reit im Winkl und ist über Kieswege mit dem länglichen Hauptgebäude des Gut Steinbach verbunden. Darin befinden sich Restaurant, Spa und Zimmer des klassischen Hotelbetriebs. Die fünf Wohnhäuser sind zwar keine zwei Minuten zu Fuß vom Haupteingang entfernt, aber doch so weit weg, dass sie autark wirken.
Die Terrassen sind vom Rest des Ferienhotels abgewandt, der Blick fällt in die Natur. Wer dort sitzt, könnte den Eindruck gewinnen, er sei allein auf weiter Flur. Raum, Auslauf, Platz - die Schlüsselworte für einen Urlaub, den immer mehr Menschen ersehnen. Die Spitzenhotellerie setzt dabei vor allem auf Chalets.
Egal ob das verlassene Holzhüttendorf bei Tellyuride in Colorado, das der deutsche Unternehmer Christoph Henkel zu dem vielfach ausgezeichneten Luxusresort Dunton Hot Springs umbaute oder eine Ansammlung von Holzhütten im Sauerland - die eigenen vier Wände haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber jeder noch so weitläufigen Präsidentensuite am Ende des Korridors: Privatsphäre.
Oder zumindest deren Anmutung. Graf von Moltke, der bereits die Egerner Höfe am Tegernsee betreibt, hat ein klares Bild des Publikums vor Augen. "Ich sehe da keinen Unterschied zwischen jungen professionellen Menschen, die vielleicht für ein, zwei Nächte der Hektik der Stadt entkommen wollen oder dem gut betuchten älteren SUV-Fahrer, der vielleicht ein wenig Golf spielen will – beide eint der Wunsch nach Abstand."
Ruhe ja, Verzicht nein danke. Die Chalets im Gut Steinbach sind mit einer kleinen Küche ausgestattet, auf Wunsch kommt ein Koch herüber, das Frühstück kann klassisch im Haupthaus am Buffet verzehrt werden oder es steht am Morgen ein Korb mit Kaffee, Croissants und Orangensaft vor der Tür. Wer lieber niemanden sehen will, lässt sich den Tisch im Chalet decken.
Den Service eines Vier- oder gar Fünfsterne-Hotels, aber die Freiheit einer großzügigen Ferienwohnung bietet zum Beispiel auch das Willy-Bogner-Chalet des Ferienhotels Priesteregg im österreichischen Legogang. Die Eigner Hubert und Renate Oberlander haben den seit 1782 im Familienbesitz befindlichen Hof früh zu einem der führenden Luxuschalet-Betriebe verwandelt. Rustikale Holz-Architektur mit großzügigen Fensterflächen bieten ein Wohnerlebnis auf Zeit, das sonst nur sehr wohlhabenden Eigentümern zur Verfügung steht. Die Wasserkante des 14 Meter langen Infinity-Pools scheint gleichsam mit der Waldlandschaft zu verschmelzen.