Türkei Linke beklagt Besuchsverbot bei deutschen Soldaten

Mehrere Monate mussten Bundestagsabgeordnete im vergangenen Jahr warten, bis ihnen die Türkei einen Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik gestattete. Jetzt hat es ein Linken-Politiker erneut versucht.

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Merkel weist türkische Kritik an Bundesregierung zurück
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Kritik der türkischen Regierung an dem abgesagten Auftritt von Justizminister Bekir Bozdag in Gaggenau zurückgewiesen. Die Entscheidung über solche Versammlungen liege in Deutschland auf der kommunalen Ebene und nicht bei der Bundesregierung, sagte Merkel am Freitag bei einem Besuch in Tunis. Merkel kritisierte zudem erneut die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei im Zusammenhang mit der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Gerade deshalb sei die Betonung wichtig, dass in Deutschland diese Rechte uneingeschränkt gelten würden. Zu der Ankündigung des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu, Deutschland drohten nach der abgesagten Veranstaltung mit Bozdag Konsequenzen, nahm Merkel keine Stellung. Quelle: REUTERS
Joachim Gauck Quelle: dpa
Heiko Maas (SPD) Quelle: dpa
Das Auswärtige Amt Quelle: dpa
Türkischer Justizminister Bekir Bozdag Quelle: dpa
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu Quelle: AP
CHP-Chef und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu Quelle: dpa

Die Türkei hat dem Linken-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken einen Besuch bei den deutschen Soldaten auf dem Nato-Stützpunkt Konya verweigert. „Das Auswärtige Amt hat mir am Mittwoch mitgeteilt, die türkische Seite habe soeben telefonisch meinen Besuch abgelehnt“, sagte der Außenpolitiker der „Welt“ (Donnerstag). „Damit sucht die türkische Regierung eine weitere Eskalation mit Deutschland.“

Auf den Luftwaffenstützpunkten Konya und Incirlik in der Türkei sind etwa 270 Bundeswehrsoldaten am internationalen Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt. Im vergangenen Jahr war deutschen Abgeordneten über mehrere Monate hinweg der Besuch der Soldaten in Incirlik verweigert worden, bis im Oktober schließlich sieben von ihnen anreisen durften.

Grund für die Verstimmung in der Türkei war damals, dass der Bundestag in einer Entschließung die an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt hatte.

Wann sind türkische Politiker in Deutschland aufgetreten?

Kurz danach hatte auch van Aken einen Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik beantragt, jedoch vergeblich auf eine Reiseerlaubnis gewartet. Bislang habe Ankara Besuchswünsche bei der Bundeswehr in der Türkei „schlicht ignoriert, jetzt sagen sie erstmals klipp und klar nein“, kritisierte der Linken-Politiker. Die Bundesregierung müsse jetzt schnell reagieren: Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehrsoldaten im Einsatz gehörten zur Grundbedingung einer Parlamentsarmee.

Linken-Chef Bernd Riexinger forderte die Bundesregierung angesichts des anhaltenden Streits mit der Türkei auf, in der Flüchtlingspolitik nicht länger auf Abschottung mithilfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu setzen. „Die Bundesregierung hat sich selbst in eine Position der Schwäche gebracht, indem sie Erdogan zum Türsteher der Festung Europa machte“, sagte Riexinger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). Außerdem dürfe es nicht geduldet werden, dass türkische Politiker in Deutschland für die Errichtung einer Diktatur in der Türkei werben.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu hatten am Mittwoch bei ihrem ersten Treffen seit Beginn der aktuellen Krise den Streit nicht beilegen können. Cavusoglu kritisierte, deutsche Politiker und Medien begegneten der Türkei zunehmend feindselig. Gabriel sagte, er hoffe auf eine schrittweise Normalisierung der Beziehungen. Ankara hatte sich über die Absage mehrerer Auftritte türkischer Minister in Deutschland beschwert, die für die von Erdogan vorgeschlagene Verfassungsreform werben wollten. Außerdem wird das Verhältnis durch die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel belastet.

Der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar warf Deutschland vor, der Entwicklung in der Türkei zu lange zugesehen zu haben. „Hätte sich Deutschland vor der Verhaftung von Deniz Yücel - als 150 andere Journalisten in Haft waren - ausreichend für die Pressefreiheit in der Türkei eingesetzt, dann wäre Deniz Yücel jetzt vielleicht nicht in Haft“, sagte Dündar der Deutschen Presse-Agentur in Köln.

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