Kulturkampf um Grohmann Wie die IG Metall Elon Musk eine Lektion erteilt

Der Einstieg beim Mittelständler Grohmann ist für Elon Musk sicher nicht so gelaufen wie gedacht. Betriebsrat und IG Metall erteilen dem Tesla-Chef eine Lektion in deutscher Mitbestimmung. Bericht von einem Kulturkampf.

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Tesla-CEO Elon Musk verwundert über die IG-Metall. Quelle: Getty Images

Vorbei an Nimsreuland, Winringen, Rommersheim. Im schnittigen Tesla rauscht Elon Musk durch die Eifel. Sein Ziel: ein braun-beiges Fabrikgebäude in Prüm. Drinnen stellt sich der Milliardär aus Bel Air auf ein kleines Podest, lobt die deutsche Ingenieurkunst und verkündet die Übernahme der Firma, der Grohmann Engineering, die künftig die Technologie für Musks Elektroautobatterien liefern soll.

Ein großer Redner sei Musk zwar nicht, tuscheln Mitarbeiter, aber durchaus symphatisch. Sie sind stolz auf den neuen Eigentümer, den Visionär und Tesla-Gründer aus dem Valley.

Doch sechs Monate nach dem Auftritt im November ist der Betriebsfrieden gefährdet. Gründer Klaus Grohmann hat das Unternehmen verlassen, BMW und Daimler sind als Kunden ausgebootet. Vor allem hat sich Tesla IG Metall und Betriebsrat zum Gegner gemacht. Die Gewerkschaften erweisen sich dabei als harte Widersacher. Die organisierten Arbeitnehmervertreter sind dabei, Musk eine Lektion in Sachen deutscher Mitbestimmung zu erteilen. Am Ende könnte die Valley-Ikone klein beigeben müssen, erste Zugeständnisse hat Musk bereits gemacht.

Tesla baut weiter an seiner Batteriefabrik
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Im Juli 2016 hatte Tesla zur offiziellen Eröffnung erstmals Presse-Fotografen auf das Gelände gelassen. Die bezeichnend "Gigafactory" genannte Anlage gehört sogar zu den größten Produktionsstätten überhaupt. Hier sollen Akkus für Elektroautos und Heimspeicher vom Band laufen – mehr als alle Hersteller der Welt heute zusammen produzieren. (Stand: Juli 2016) Quelle: AP
Im Juli waren erst 14 Prozent der Anlage in Betrieb. Dennoch hatte Tesla-Gründer Elon Musk Ende Juli zur Eröffnungsfeier geladen – einige Tage vorher durften sich bereits Journalisten und Fotografen auf dem Fabrikgelände umsehen. Voll in Betrieb soll die Anlage erst 2018 sein. Bis dahin wird an allen Ecken und Enden gebaut. Quelle: REUTERS
Auch wenn es noch nicht so aussieht: Diese Halle ist einer der Grundpfeiler der Strategie von Elon Musk, mit der er Tesla von einem Nischen- zu einem Massenhersteller machen und ganz nebenbei dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen will. Quelle: REUTERS
Die eigenen Batterien sind unerlässlich, wenn Tesla mit dem Model 3 (im Bild ein ausgestellter Prototyp) ab dem kommenden Jahr die Massen mobilisieren soll. Zum einen, weil momentan gar nicht genügen Akkus für die angepeilten Stückzahlen des Model 3 zugekauft werden könnten. Zum anderen, weil sie schlichtweg zu teuer wären. Der angekündigte Preis von 35.000 Dollar für den Wagen wäre nicht zu halten. Quelle: REUTERS

Beim Kulturkampf in der Westeifel schenken sich beide Lager wenig. Während bei den Arbeitnehmervertretern schon von möglichen Warnstreiks die Rede ist, macht Musk keinen Hehl daraus, dass er die traditionsbewussten Gewerkschafter für ewiggestrige Besitzstandswahrer hält. Er glaube nicht, dass die IG Metall die Vision von Tesla für eine nachhaltige Energie teile, schrieb Musk in einem Brief an die Mitarbeiter.

Am Tesla-Firmensitz in Palo Alto verlangt Musk bedingungslosen Einsatz, nächtigt auch schon mal selbst mit dem Schlafsack unter dem Schreibtisch, wenn es bei einem Projekt eng wird. Die Welt der IG Metall mit ihren Arbeitszeitkonten und Überstundenregelungen ist ihm völlig fremd – in den USA schwindet der Einfluss der Autogewerkschafter seit Jahrzehnten.

Die Tesla-Chronik

In Deutschland aber muss sich Musk nun etwa mit dem IG-Metall-Bevollmächtigten Christian Schmitz und Betriebsratschef Uwe Herzig auseinandersetzen. Herzig ist ein freundlicher 54-Jähriger mit sanfter Stimme, seit über 30 Jahren im Unternehmen, gelernter Energieanlagen-Elektroniker. Hier gibt man noch was auf Tradition – langjährige Mitarbeiter ehrte Herzig gemeinsam mit Gründer Grohmann, zum 25. Betriebsjubiläum etwa mit einem guten Tropfen, in Folie verpackt, inklusive Foto für den Lokalteil des „Trierischen Volksfreunds“.

Diese Welt ist weit weg von der amerikanischen „Hire and Fire“-Mentalität und noch weiter von der Glamourwelt des Elon Musk, der gerade mit Freundin Amber Heard, der Ex von Johnny Depp, in Australien turtelt und Fotos auf Instagram postet.

Tesla ist wertvoller als GM und Ford

Das sei ihm unbenommen, aber Schmitz und Herzig wollen für die Grohmann-Mitarbeiter auch ein Stück vom Kuchen. „Um 25 bis 30 Prozent liegen die Grohmann-Löhne unter dem deutschen Schnitt“, sagt Herzig, „viele der dringend benötigten Fachkräfte wandern in andere Betriebe ab.“ Ein Grohmann-Manager bestreitet jedoch, dass die Mitarbeiter generell unterbezahlt würden.

Mittlerweile ist über die Hälfte der Grohmann-Belegschaft von rund 700 Mitarbeitern in der Gewerkschaft. Einmal lenkte Musk schon ein, versprach 150 Euro mehr Lohn pro Monat. Jeder Grohmann-Mitarbeiter solle zudem Tesla-Aktien für 10 000 Dollar bekommen sowie einen sofortigen Bonus von 1000 Euro in bar. Außerdem sicherte er eine Beschäftigungsgarantie bis 2022 zu. Zu Gesprächen mit den Gewerkschaften scheint Tesla aber erst im Mai bereit.

Was Teslas Elektro-SUV im Alltag kann
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla

Das wiederum provoziert die Gewerkschafter: „Elon Musks Jobgarantie und die angekündigten Lohnerhöhungen gehen in die richtige Richtung, sind aber nicht rechtssicher“, sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte Schmitz.

Einigen Grohmann-Mitarbeitern ist der Wirbel, den die IG Metall macht, suspekt. „Total irrsinnig“, sagt ein Techniker im Vorbeigehen. Er sei froh, dass Musk investiert hat.

Noch scheint Tesla in der Eifel nicht richtig angekommen. Das offenbart auch ein Blick auf das Firmengelände. 15 Parkplätze sind dort für Tesla reserviert – inklusive Ladestationen. Doch nirgendwo parkt ein kalifornisches Elektroauto.

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